Anfang Oktober wurde die sogenannte „ökosoziale Steuerreform“ vorgestellt. Neben neuen Steuergeschenken für Konzerne, ist die CO2 Steuer und der damit verbundene Klimabonus Herzstück der Reform. Lukas Frank hat die Reform unter die Lupe genommen.
Ab 1.7.2021 werden pro Tonne emittiertem CO2 30€ Steuern fällig. Genauer: Unternehmen, welche fossile Brennstoffe in Umlauf bringen, z.B. der eigene Gasanbieter, zahlen für die Menge CO2 die die Verwendung ihres Produktes verursacht. Diese Zusatzkosten werden dann an den Konsumenten durch Preissteigerungen weitergegeben. Darüber kann sich auch das Finanzministerium freuen, da durch die verteuerten Produkte die Einnahmen durch die Mehrwertsteuer steigen. Bei 30€ pro Tonne CO2 inklusive zusätzlicher Mehrwertsteuer betragen die geschätzten jährlichen Mehrkosten für eine Familie 100€ für einen Diesel/Benzin-PKW und 100-300€ für Heizkosten eines Hauses. Daneben werden generelle Preissteigerungen unausweichlich sein, immerhin stecken Transport und Energie in allen Produkten, wie z.B. Lebensmitteln.
Eng verbunden mit der CO2 Steuer ist der Klimabonus, der in seiner ursprünglichen Fassung klimafreundliches Verhalten belohnen sollte. Jetzt ist ein Pauschalbetrag daraus geworden, den jeder Einwohner je nach Wohnregion erhält. Pro Jahr erhalten Wiener 100€, restliche Städter 133€ und Bewohner des ländlichen Raums 167€ oder 200€. Rund um die Steuerreform ist daher eine Diskussion um Regional- und Einzelinteressen ausgebrochen. Bürgermeister Ludwig ortet Wien-Bashing, aus dem Umfeld von Elke Kahr (KPÖ-Graz) hieß es die Steuerreform habe die richtige Stoßrichtung, allerdings sollte das Klimaticket speziell für Grazer mehr gefördert werden.
In Verbindung mit dem weiteren Ausbau des Familienbonus, des Lohnsteuerabsatzbetrags von dem hauptsächlich Besserverdienende profitieren (den aber etwa Niedrigverdiener nicht nutzen können), schätzt die konservative Zeitung „diePresse“ die Steuerreform folgendermaßen ein
„Jeder der viele Kinder hat, gut verdient und mit dem Auto fährt gewinnt. Jeder der die U-Bahn vor der Haustür hat, aber trotzdem eine Gastherme zum Heizen hat und in der Mietwohnung keinen Einfluss darauf, der bekommt nicht so viel raus.“
Bis 2025 soll der CO2 Preis auf 55€ ansteigen, allerdings werden die daraus resultierenden Treibhausgasreduktionen nur marginal sein. Das Grazer Wegener Center schätzt mit einem Rückgang von 4% bis 2030. Die meisten dieser Organisationen fordern daher einen scharfen Anstieg der CO2 Steuern mit einem Anfangspreis von über 100€ pro Tonne. Auch sollen die Zusatzkosten von Gas/Öl-Heizen und PKW-Pendeln weniger kompensiert werden.
Steuergeschenke für Kapitalisten – Sozialabbau für Arbeiter
Wenig Beschwerde kommt von Seiten der Kapitalisten. Laut der Industriellenvereinigung seien „notwendige Schritte in Richtung Entlastung“ gesetzt worden, z.B. durch die Senkung der Steuer auf Gewinne von Kapitalgesellschaften (KöSt) von 25% auf 23%. Dies bedeutet eine Profitsteigerung von ca. 1 Mrd. € pro Jahr für Konzerne. Die OMV verdient durch die ökosoziale Steuerreform ca. 13 Mio.€ pro Jahr zusätzlich. Zusätzlich soll es staatliche Förderungen geben, um mit Geldgeschenken Kapitalisten zu umweltfreundlichen Investitionen zu „motivieren“, sprich: der Staat zahlt die Investitionen, die ArbeiterInnen schuften noch mehr, die Aktionäre cashen ab.
Weiters wird es eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen geben, was als Geschenk an die ArbeiterInnen dargestellt wird. Dadurch gehen aber der österreichischen Krankenkassa ca. 1 Mrd.€ pro Jahr an Einnahmen verloren, also in etwa ein Zehntel der bisherigen Einnahmen. Zwar hat die Regierung angekündigt dieses Loch mit staatlichen Zuschüssen zu stopfen, aber wer glaubt diesen Leuten noch ein Wort? Die Debatte über die defizitäre Krankenkasse kommt so regelmäßig wie das Amen im Gebet und wird zu Leistungskürzungen für Versicherte und neue Privatisierungen von medizinischen Leistungen führen. Ein anderer Aspekt bei dieser Reform ist die Senkung der Lohnkosten für Unternehmen.
Die Senkung der Lohnsteuern ist für die Arbeiterklasse ein Nullsummenspiel. Die Preissteigerungen werden mehr oder weniger mit jährlichen, von der Gewerkschaft verhandelten, Lohnerhöhungen abgegolten. Die Kaufkraft steigt dadurch natürlich nicht, wenn die Löhne um 1,5% und die Preise auch um 1,5% steigen. Allerdings zahlt man höhere Lohnsteuern, da diese vom nominell steigenden Einkommen abhängen. Sprich mit der Zeit kommt man in höhere Steuerklassen, ohne mehr Geld fürs Leben zu haben. Im Vergleich zu 2016 zahlen die Lohnabhängigen inzwischen jährlich 3 Mrd.€ mehr Steuern. Das ist in etwa der Betrag, den sie durch Lohnsteuersenkungen, Familienbonus etc. jetzt zurückbekommen. Für dieses lächerliche Schauspiel erwartet sich dann jede Regierung Dankbarkeit.
In Summe wird die „ökosoziale“ Steuerreform bis 2025 ein Loch von 16 Mrd. € ins Staatsbudget reißen. Finanzminister Blümel sieht das entspannt, laut ihm wird starkes Wirtschaftswachstum die kommenden Jahre die Staatsschuldenquote ganz von allein senken. In der jetzigen unsicheren Lage liegt hier reines Wunschdenken vor. Die meisten bürgerlichen Zeitungen erwarten daher starke Einsparungen im Sozialstaat.
Weder sozial noch ökologisch
„Weniger Dreck in der Luft, mehr Geld im Börserl“, so lobt Vizekanzler Kogler das grüne „Umsteuern“. Dieser Werbesprech lässt sich nicht mal auf dem Papier errechnen, er ist also bestenfalls heiße Luft. Wahr ist vielmehr: Alles wird für Konsumenten zusätzlich teurer, ohne dass dadurch ein ökologischer Lenkungseffekt erzielt werden kann. Gleichzeitig werden neue Milliardengeschenke für Kapitalisten gemacht, in Form von Steuersenkungen, Lohnsubventionen und Förderungen.
Heimliche Gewinner sind die Grünen. Um den Klimabonus auszuzahlen, also die teilweise Rückvergütung der Konsumpreissteigerungen durch jährliche Einmalzahlungen abzuwickeln, wird eine neue Bundesrechenstelle aufgebaut. Diese wird im Klimaministerium angesiedelt und ist daher von den Grünen kontrolliert. In den kommenden Monaten wird das Klimaministerium massiv mit neuen Leitungsposten, ExpertInnen, Projektgeldern, Mitarbeitern etc. aufgeblasen. Dies wird einen neuen korrumpierenden Einfluss auf die Klimabewegung ausüben und die Grünen zu einem integrierten Teil des Staatsapparats machen.
Brav haben die Grünen Rassismus und Coronapolitik für Konzerne der ÖVP mitgetragen. Manch Grüner war schon besorgt, dass die Partei beim Stiefellecken noch ersticken könnte und bei der nächsten Wahl von zornigen Jugendlichen wieder vom Parlament auf die Straße gesetzt wird. Dagegen sind sie jetzt einigermaßen abgesichert. Denn dieser feste Platz an den Geldtrögen des Staatsapparates kann ihnen auch bei schlechten Wahlergebnissen nicht so schnell wieder weggenommen werden.
Klima retten – Kapitalismus überwinden!
Selbstbereicherung und Macht für Konzerne und PolitikerInnen, während die Jugend und Arbeiterklasse weltweit für deren Versagen in der Klimakrise zahlen; das ist alles was pro-kapitalistische Klimapolitik zu bieten hat. Wer das Klima retten will, darf nicht an der Verteuerung vom Konsum ansetzen. Man muss vielmehr die Macht der Konzerne brechen, das geht nur durch ihre Enteignung, denn man kann nur kontrollieren, was einem auch gehört. Wir brauchen die großen Konzerne, die Banken, Baufirmen, Stahlwerke, die Energieproduzenten und eine vom Profit befreite Wissenschaft, um alle Ressourcen in der Hand zu haben, um den weltweiten Klima- und Sozialkollaps mit ganzer Kraft abzuwenden. Der Markt hat versagt, auch in der Klimafrage. Wir haben keine Zeit mehr für neue Lügen - die Welt retten wir nur durch die Enteignung der Konzerne!
(Funke Nr. 198/5.11.2021)