Die Frau ist im Kapitalismus zweierlei: Reserve-Arbeitskraft, sofern die Konjunktur danach verlangt; darüber hinaus aber vor allem „zuständig“ für alle unbezahlten häuslichen Arbeiten.

Dass dies nach wie vor so ist, zeigt die Situation unzähliger Frauen und Mütter in der aktuellen Krise. Das Ausmaß an „häuslicher“ Arbeit ist mit einem Schlag gewaltig angestiegen: Kinderbetreuung und Unterricht aufgrund der geschlossenen Schulen, Pflege und Betreuung älterer Menschen, etwa durch reduzierte Kapazitäten der Hauskrankenpflege usw. Und in unserer Gesellschaft wird selten gefragt, wer diesen Berg an Arbeit nun zu erledigen hat – die Frauen.

Es gibt zahlreiche unterstützenswerte Hilfsangebote, wie z.B. das verpflichtende Angebot der Kinderbetreuung durch öffentliche Schulen. Diese Maßnahmen werden aber nach dem „Gießkannenprinzip“ umgesetzt, und es findet kaum eine Differenzierung nach der individuellen Situation statt, in der sich Mütter gerade befinden. So können viele ihre Kinder gar nicht zur Schule bringen, weil man zur gegebenen Zeit selbst im Home-Office oder (als Azubi) im E-Unterricht zu sein hat, weil Menschen aus der Risikogruppe im Haushalt leben und diese nicht nur betreut, sondern eben auch geschützt werden müssen, o.Ä.

Wir veröffentlichen im Folgenden zwei Interviews von Müttern, die gerade die Ausbildung zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerin machen. Sie kommen als Lernende, Lehrende, Hausfrauen und bald auch als Pflege-Ersatzkräfte im Zuge der Corona-Krise an den Rand ihrer Kräfte.

 

A) Deine Situation

Wie schaut deine momentane Situation aus?

Person 1: Vollzeitschülerin mit Pflicht am Online- Unterricht bis zu 8 Stunden am Tag. Lernen auf bevorstehende Prüfungen. Unterrichten des Kindes im Ausmaß von 2-4 Stunden täglich. 4 Personen Haushalt – alle zuhause – endlich kann „Mann“ arbeiten machen für die man das ganze Jahr keine Zeit hat – das nervt. Jetzt kommt noch der Arbeitseinsatz.

Person 2: Es ist eine sehr schwierige Situation. Ich bin selber in Ausbildung und habe jeden Tag genug zu tun. Ab und zu habe ich den ganzen Tag Onlineunterricht und es gibt noch die Prüfungen. Ich habe zwei Kinder. Einer ist in 1. Stufe im Gymnasium und der andere ist in der 2. Klasse Volksschule. Jetzt muss ich für mich selber lernen und noch Lehrerin sein für die Kinder, UND ich habe noch die Rolle als Mutter und Frau. Die beiden Kinder bekommen Aufgaben von der Schule und wir (die Eltern) sollten die Kinder unterstützen wie in der Schule. Es ist nicht nur Deutsch und Mathe, sondern Englisch, Religion, Musik, Biologie und Geographie auch für den Gymnasiasten. Mein Großer ist kein selbständiger Typ. Ich muss fast jeden Tag mit ihm streiten, um die Aufgaben vorwärts zu bringen. Er ist leicht ablenkbar. Ab und zu brauchen wir einen ganzen Tag für seine Aufgaben. Die Kinder nehmen diese Situation wie „Ferien“ oder so. Sie haben keine Lust den ganzen Tag zu lernen wie in der Schule (verständlich). Noch dazu können die Kinder nicht einfach irgendwo spielen gehen oder sich auspowern. Deswegen gibt es zu Hause immer viel Lärm und Action. Ich will sie nicht einfach immer fernschauen oder computerspielen lassen.

Wie geht es dir damit?

Person 1: Wäre ich nur Schülerin - kein Problem. Wäre ich nur Mutter und Hausfrau - kein Problem. Jetzt noch der Arbeitseinsatz – dann mit der Kleinen Lernen – Haushalt – selber Lernen... In Summe komme ich an meine Grenzen.

Person 2: Sehr stressig und depressiv. Man fühlt sich eingeengt, auch wenn man raus kann. Es ist schwierig auf längere Zeit damit klar zu kommen. Nach 3 Tagen bin ich krank geworden und jetzt ist es schon fast drei Wochen, aber ich bin immer noch nicht fit. Ich habe sogar auf beiden Händen und Füßen Ausschlag bekommen wegen dem Stress. Es gibt mehr Streit und Schreierei zu Hause...

Findest du die Situation gerecht? Was bräuchtest du jetzt?

Person 1: Ich finde die Situation auf Dauer untragbar… nur weil jetzt manche Berufsgruppen ihre Arbeit nicht ausführen können, wird alles auf die Mütter abgewälzt, nur weil sie ja auch zuhause bleiben müssen. Aber dass die Mütter auch Homeoffice machen müssen interessiert ja niemanden. Was ich jetzt bräuchte… die Einsicht aller: In einem Ausnahmezustand, in dem alle und jeder zuhause bleiben muss, kann es unmöglich so weitergehen als wäre nichts geschehen. Ich bräuchte als Mutter und Hausfrau das Recht, mich nur um den Unterricht und den Haushalt zu kümmern, egal ob ich zu jenen gehöre, die arbeiten müssen oder eben zuhause bleiben müssen, bei dem mir zustehenden Gehalt und ohne Nachtteile für später.

Person 2: Auf der Ebene der Gesundheit und auf einer menschlichen Ebene ist es schon gerecht. Solche Notsituationen sind natürlich nie wirklich gut ausgeklügelt, besonders mit den Schulen. Das System für den Online-Unterricht wird sich sicher verbessern, aber zurzeit ist es ein totales Chaos. Was ich bräuchte? Mehr Zeit und Pausen von dieser Situation. Und ich möchte nicht, dass die Leute denken, dass wir nichts zu tun haben. Ein gut überlegtes System für den Fernunterricht der Kinder mit Koordination von außenstehenden Personen. Weil vor allem jüngere Kinder von zuhause aus sehr schwierig zu unterrichten sind. Zuhause ist eben zuhause für Kinder, und nicht die Schule. Und ich wundere mich wie das die Familien machen, wo beide Eltern aus anderen Länder kommen und nicht gut Deutsch verstehen. Wie können sie den Kindern selber was beibringen?

Wie geht es Müttern und Familien in deinem Umfeld? Hattest du „Pech“ oder sind viele Mütter in einer ähnlichen Situation?

Person 1: In meinem Umfeld gibt es noch mehrere die in einer gleichen oder ähnlichen Situation sind. Ich habe ja nur noch ein Kind in der Schule, aber mit zwei oder drei Kindern in unterschiedlichen Schulen das ist Unterrichten ein Vollzeitjob für die Mutter.

Person 2: Ich glaube beides: ich hatte schon Pech, aber es gibt viele ähnliche Situationen. Es ist stressig für alle Mütter, wenn sie selber arbeiten müssen.

Was denkst du über diese Forderungen von uns? (Hier zur vollständigen Stellungnahme)

  • Ein gesetzliches Entlassungs- und Kündigungsverbot, rückwirkend ab 9. März;
  • Volle Lohnfortzahlung;
  • Mindestsicherung für alle in prekärer Beschäftigung und alle Selbstständigen, die ihre Einkommensgrundlage durch diese Krise verlieren;
  • Abwechselnder, unbeschränkter Pflegeurlaub für Eltern mit Kindern unter 14 Jahren und Kindern mit besonderen Bedürfnissen;

Person 1: Bis die Kinder wieder ganz normal und geregelt in die Schule gehen finde ich diese Forderungen mehr als gerechtfertigt.

Person 2: 3 und 4 finde ich sehr empfehlenswert. Mindestsicherung könnte in so einer Situation viel ausmachen. Pflegeurlaub ebenfalls.

 

B) Corona-Maßnahmen

Viele Betriebe laufen jetzt ganz normal weiter, dadurch wird Corona weiter verbreitet. Was sagst du zu unseren Forderungen?

  • Durchführung der notwendigen sanitären Maßnahmen, Durchsetzung und Kontrolle durch die Belegschaft.
  • Unnötige Produktion und Dienstleistungen sollten von den ArbeiterInnen selbstbestimmt stillgelegt werden, wenn die Betriebsleitung das nicht macht.

Person 1: Ich bin der Meinung, dass die Arbeit besser fortgesetzt wird, wenn die notwendigen und vorgeschriebenen Maßnahmen eingehalten werden können. Wichtig ist mir, dass die Mütter, die ihre Kinder zuhause unterrichten müssen, von der Arbeit bei vollem Lohn freigestellt werden.

Person 2: Im Vergleich mit Japan denke ich, Österreich hat auf Corona schnell reagiert. Viele Betriebe laufen noch normal und so verbreiten sie Corona weiter, glaube ich. Auf der anderen Seite ist es fast unmöglich, den ganzen Betrieb total zu schließen. Das bringt die Leute mehr in Panik.


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