Die seit Herbst letzten Jahres laufenden Verhandlungen zur Verbesserung der Gehälter und Arbeitsbedingungen des nicht-ärztlichen Personals sind gescheitert. Sarah Sattelberger berichtet über die momentane Situation.
Bereits letzten Herbst trat die Gewerkschaft Younion (ehemals GdG) in Verhandlungen mit der Geschäftsführung des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) über die Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung. Hintergrund der Verhandlungen ist, dass durch die neue Arbeitszeitregelung der ÄrztInnen das Pflegepersonal nun auch ärztliche Tätigkeiten wie Blutabnahmen übernehmen muss. Dafür ist es jedoch notwendig, das Personal anderweitig zu entlasten. Das ist bisher allerdings kaum passiert und auch eine finanzielle Abgeltung der zusätzlichen Verantwortungen ist nicht in Sicht. Insgesamt wurden 180 Millionen Euro mehr pro Jahr gefordert. Diese sollen für das Pflegepersonal und andere nichtärztliche MitarbeiterInnen verwendet werden. „Wenn man davon ausgeht, dass die Stadt Wien für rund 4.500 Ärzte 110 Millionen Euro zusätzlich in die Hand genommen hat, ist es bei weitem nicht überzogen, zu sagen: Für 27.000 andere Mitarbeiter braucht es ein Volumen von 180 Millionen Euro“, meint Günther Wukovits, Personalvertreter im Wilhelminenspital. Bis zum 31. März hätte es ein Ergebnis geben sollen, allerdings bietet der KAV lediglich 10 Millionen Euro zusätzlich an.
Als erste Protestmaßnahme rief die Gewerkschaft nach monatelangem Stillschweigen über den Stand der Verhandlungen nun nach dem Scheitern zu Dienststellenversammlungen auf. Diese fanden am 14. April zeitgleich in sämtlichen Gemeindespitälern und städtischen Pflegehäusern statt. Diese sollen als erster Schritt gesehen werden um den Druck auf die KAV Geschäftsführung und die Stadt Wien zu erhöhen. Auch über weitere Aktionen, Proteste auf der Straße und sogar Streik wurde laut nachgedacht. Diese anfängliche Kampfbereitschaft wurde aber bereits nach wenigen Tagen wieder fallengelassen und das Team Gesundheit der Younion verkündete, dass es nun wieder wöchentliche Verhandlungen mit dem Vorstand aufzunehmen. Zwar wünschen sie sich für „allfällige Aktionen (Aktivitäten)“ weiterhin die Unterstützung der Belegschaft, ein demokratisches Einbeziehen derselben ist jedoch nicht angedacht.
Das Scheitern der bisherigen Verhandlungen zeigt allerdings sehr deutlich, dass durch eine Mauschelei hinter verschlossenen Türen in die die Belegschaft nicht miteinbezogen wird kein Druck aufgebaut werden kann und sie somit auch nicht funktioniert. Die Situation jetzt sollte genutzt werden, um zu verhindern, dass die Gewerkschaft wieder in neue Geheimverhandlungen eintritt. Es braucht den nötigen Druck von den Stationen und die aktive Einbeziehung der KollegInnen, um den Protest nach außen zu tragen. Dass das möglich ist, wurde im letzten Jahr durch die Aktionen der Care Revolution Wien und Asklepios bereits mehrfach bewiesen. Auch heuer ruft die Care Revolution Wien wieder zu einem Flashmob am 1. Mai auf, um auf die Probleme des Pflegepersonals aufmerksam zu machen. Dabei können die Erfahrungen des letzten Jahres genutzt werden um es den KollegInnen zu ermöglichen klarer in die zukünftigen Auseinandersetzung zu treten. Der Aufbau von AktivistInnen-Gruppen auf Stationen und Abteilungen, die für eine Gewerkschaft mit Streikfähigkeit eintreten wird dabei ein wichtiger Faktor sein.
Wie wichtig eine solche streikfähige und kämpferische Gewerkschaft, die wirklich für die Interessen der Beschäftigten eintritt, zeigt ein Blick auf die momentane Situation. Die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser wird aus Spargründen ständig reduziert, einzelne Stationen und Ambulanzen müssen immer wieder kurzfristig geschlossen werden und gerade in der Urlaubszeit ist der Personalmangel ein eklatantes Problem. Wartezeiten auf Ambulanzen und für spezielle Behandlungen werden immer länger und auch sensible Bereiche wie Neurorehabilitation oder Onkologie sind dabei keine Ausnahme. Und es geht auch darum, Verschlechterungen für die Belegschaft, wie die geplante Einführung von Kurzdiensten, die nur eine weitere Sparmaßnahme auf Kosten der Belegschaft sind, abzuwenden.
Auch ein Blick in die Zukunft zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht, denn was seit Anfang des Jahres für die ÄrztInnen gilt, wird spätestens ab 2021 auch für alle anderen Beschäftigten Realität – die maximale Wochenarbeitszeit von 48h. Wenn dies nicht zu weiterem Chaos und deutlichen Verschlechterungen der Einkommen, vor allem von jetzt schon niedrig bezahlten Jobs, führen soll, ist es nötig, jetzt schon für faire Arbeitsbedingungen zu kämpfen.