Im privaten Gesundheits- und Sozialbereich (SWÖ) stehen im Herbst nach dem letzten 3-Jahres-Abschluss zu Beginn der Corona Pandemie wieder Kollektivvertrags-Verhandlungen bevor. Wir müssen uns die Kontrolle über unsere Forderungen und Kämpfe nehmen, argumentiert Sarah Ott.
Reallohnverlust für Vollzeitbeschäftigte, permanente Arbeitsverdichtung, steigender Druck und fehlendes Personal, so sieht die Realität seit dem letzten KV-Abschluss 2020 im SWÖ aus. Im Frühjahr 2020 gab es eine kampfbereite Streikbewegung und große Solidarität in der Bevölkerung. Doch das Verhandlungsteam der GPA unterschieb unter Druck der beginnenden Pandemie, ohne demokratische Mitbestimmung der kämpfenden KollegInnen, einen schlechten 3-Jahres-Abschluss. In einer selbstorganisierten Urabstimmung in 10 Betrieben wurde klar, dass die übergroße Mehrheit der Beschäftigten diesen Abschluss ablehnten.Die KollegInnen wurden demoralisiert und die Pandemie verstärkte die Isolation und Probleme.
Doch wie in der Pflege, rumort es auch im privaten Gesundheits- und Sozialbereich. Es braucht spürbare und dauerhafte Verbesserungen. Um diese erkämpfen zu können, gründete sich bereits im Herbst eine Aktionsgruppe aus BetriebsrätInnen in der GPA, die im Frühjahr kleinere Aktionen mit den Forderungen nach „Mehr Freizeit, mehr Personal, mehr Geld – Worte reichen nicht“ hatte. Diese Kampagne soll in einer Demo am 23.6. ihren ersten Höhepunkt finden und auf Mobilisierungen im Herbst vorbereiten.
Was wir wollen
Auf Initiative der Aktionsgruppe wurde am 30.5. eine Betriebsrätekonferenz für den Wiener Wirtschaftsbereich 17 organisiert, bei der gemeinsam die Forderungen diskutiert und abgestimmt wurden, die in den Bundesausschuss weitergetragen werden. Die wichtigsten Forderungen der Konferenz sind die Umsetzung der 35h-Woche ab dem 1.1.2023, ein Fixbetrag von +750€ für alle Beschäftigten und die Erhöhung der Zulagen und Zuschläge um die doppelte Inflationsrate. Auch die Forderung nach einer gleitenden Lohnskala, also eine automatische Anpassung der Löhne an die Inflation, die ich einbrachte, wurde angenommen. Außerdem sprach sich die Konferenz klar gegen weitere Mehrjahresabschlüsse und für Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse aus.
Das wichtigste jedoch ist, dass diese Forderungen nicht nur Papiertiger bleiben. Es darf keinen „Hinterzimmer-Abschluss“ wie 2020 mehr geben: Warten wir nicht darauf, dass die Urabstimmungen für uns organisiert werden; bereiten wir uns jetzt auf selbstorganisierte Urabstimmungen in den Betrieben vor!
Gemeinsam kämpfen macht stark
Auch ein erster Mobilisierungsplan für die Verhandlungen wurde diskutiert, wo von bundesweiten BR-Konferenzen, Demonstrationen, öffentlichen Betriebsversammlungen und auch Streiks die Rede war. Klar ist, dass die Regierung früher oder später angesichts der enormen Ausgaben für die Bewältigung der Pandemie gezwungen sein wird, zu sparen und dass der Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen unausweichlich ist.
Diesen Kampf gilt es so entschlossen zu führen wie nur möglich. Die verschiedenen Einzelkämpfe müssen zusammengeführt werden. Die Spaltung in öffentlichen und privaten Gesundheits- und Sozialbereich muss überwunden werden, das ist den Beschäftigten schon lange klar. Aber man muss noch einen Schritt weiter gehen. Der Funke tritt für einen gemeinsamen Kampf aller lohnverhandelnden Bereiche (Metall, Handel, Brauerei, SWÖ, öffentlicher Dienst und Gemeindebedienstete) im Herbst und einer vorbereitenden AktivistInnenkonferenz ein. Nur in einem breiten gemeinsamen Kampf kann es letztendlich gelingen, dass die Kosten der Krise nicht wieder auf die ArbeiterInnen abgewälzt werden. Dabei ist es wichtig, dass die Beschäftigten die Kontrolle über ihre Arbeitskämpfe erlangen und bis zum Schluss behalten. Das hat uns der letzte Abschluss im SWÖ deutlich gezeigt.
Daher gilt für uns: Kein Abschluss ohne Urabstimmung und wir werden diese notfalls auch wieder selbst in den Betrieben organisieren!
(Funke Nr. 204/31.5.2022)