Heute, am 28.11.2022, streiken die Eisenbahner den gesamten Tag. Die folgende Stellungnahme findet ihr hier auch auch als Flugblatt zum Ausdrucken.

Die von den Bahnunternehmen gebotenen 8,33% Lohn“erhöhung“ sind kein Teuerungsausgleich, sondern eine Abspeisung. Diese soziale Realität lässt sich durch „kreative“ Inflationsmodelle nicht wegrechnen. Gewerkschafts-Verhandlungsführer Tauchner von der vida: „Wir kämpfen für einen nachhaltigen Teuerungsausgleich, der im Zuge der explodierenden Preise vor allem niedrigere und mittlere Einkommen stärker entlastet.“

Weil viele Fachgewerkschaften in der bisherigen Herbstlohnrunde deutlich unter der grassierenden Teuerung abgeschlossen haben, hat die Gewerkschaft vida ihr ursprüngliches Ziel von 500€ aufgegeben. Sie kämpft nun für 400€ mehr für alle Beschäftigten der Branche und hat dafür zum Warnstreik aufgerufen. Der Chefverhandler der Unternehmen Thomas Scheibe nennt diese bescheidene Forderung „maßlos“ und eine „Geiselhaft“.

Der Streik vom 28.11. ist solide und populär: Kein Rad bewegt sich übers österreichische Schienennetz, die Beschäftigten stehen geschlossen hinter dem Arbeitskampf. Dieser genießt die breite Unterstützung der Arbeiterklasse. Die orchestrierte Neiddebatte gegen die „maßlosen Eisenbahner“ stößt auf taube Ohren: „Ich bin nicht in Geiselhaft der vida, sondern die vida stellt sich vor mich“, bringt es ein denkender Nicht-Eisenbahner auf den Punkt.

Die Arbeiterklasse ist stark, ohne ihre Erlaubnis bewegt sich nichts in diesem Land. Dies ist für die Manager und Bürgerliche unerträglich. Ihre Schreiberlinge rücken aus, um die Eisenbahner zu isolieren und mürbe zu machen.

Das Bahnunternehmen des NEOS-Finanziers Haselsteiner (Westbahn) verlangt eine stärkere Zergliederung und Privatisierung des Bahnnetzes, um zukünftige Streiks zu brechen.

Die verantwortliche Ministerin Gewessler, die auf EU-Ebene die Arbeitsbedingungen der Eisenbahner untergräbt, schweigt, ebenso wie die ÖVP. Die Repräsentanten des Krisenkapitalismus sind gegenüber der kämpfenden Arbeiterklasse isoliert und impotent.

Der rechte Flügel mit FPÖ-Verkehrssprecher Hafenecker nennt den Streik „maßlos überzogen und eine inakzeptable Zumutung, eine politische Geiselhaft der SPÖ“.
Aber: Die Bankrotteure in der SPÖ-Führung schweigen sich derweil völlig aus, sie basteln an neuen rassistischen Initiativen, Tagträumen ihre Regierungsverantwortung und haben wie immer nichts Relevantes zu den wahren Problemen der Arbeiterklasse beizutragen – nicht einmal eine verbale Solidaritätsnote.

Der heutige Warnstreik ist nur eine Zwischenetappe im aktuellen Arbeitskampf. Die Bahnmanager haben angekündigt, nach Ende des Warnstreiks kein besseres Angebot zu legen, sondern zu versuchen, den Kollektivvertrag und die Macht der Gewerkschaft zu brechen, indem sie Beschäftigten Einzelverträge vorlegen.

Die stärkste Waffe der Bürgerlichen ist jedoch „die Sozialpartnerschaft“, die von allen Leitartikeln nun hierbeigeschrieben wird. Unter dem mottohaften Titel „Ein Streik ohne Rechtfertigung“ appelliert Der Standard für einen bürokratischen Putsch aus der Gewerkschaftsführung:

„Auf seine volkswirtschaftlich besonnene Lohnpolitik war der ÖGB viele Jahrzehnte stolz – erst recht in ungewöhnlichen Zeiten. Sie scheint nun verlorengegangen zu sein. Sie wieder herzustellen ist nun die Aufgabe der Sozialpartner-Spitzen in ÖGB und Wirtschaftskammer.“

Tatsächlich wurde der letzte enorm mächtige 66-Stunden Streik der ÖBB im Jahr 2003 hinterrücks durch ein Abkommen des damaligen ÖGB-Chefs und des damaligen Bundeskanzlers Schüssel abgestochen, damit wurde eine Generalstreikdynamik durchbrochen, die Profite der Unternehmen und die Regierung gerettet.

Die Festlegung der vida, dass dieser Arbeitskampf nur durch eine Urabstimmung der Beschäftigten erfolgen kann, ist daher ein zielführendes Mittel, um die volle Kraft der Beschäftigten gegen alle Interventionen abzusichern: Die Beschäftigten selbst sollen immer entscheiden, ob sie weiterkämpfen können, oder ein Angebot annehmen.

Nach dem Warnstreik – für die Ausweitung und Intensivierung der Arbeitskämpfe

Der Warnstreik der Eisenbahner zeigt, wer und was in diesem Land wirklich mächtig ist. Dies wird die in den vergangenen Monaten nur noch als drückend wahrgenommene politische Situation im Land verändern.

Die Betriebsräte der Innsbrucker Verkehrsbetrieben (IVB) verstehen dies und sind gleich heute Morgen um 4:15 in einer Betriebsversammlung zusammengetreten, um die Lage zu besprechen und sich solidarisch zu zeigen.

Der Kampf muss ausgeweitet werden. In mehreren Branchen stehen die Zeichen auf Arbeitskampf: Warnstreik bei den Brauereien (28.11.), ein miserables Angebot der Arbeitgeber im Handel, der Warnstreik der Wiener Privatspitäler (23.11.), die sich entwickelnde Protestwelle im Unipersonal und unter den Studierenden zeigen (Demos am 30.11. und 6.12.). Obwohl die Gewerkschaft im Herbst mehrere Lohnverhandlungen vorschnell und kampflos mit schlechten Abschlüssen beendet haben (SWÖ, Metall, öffentlicher Bedienstete…), bahnt sich der Klassenkampf den Weg. Und es zeigt sich: der Krisenkapitalismus bedient nur die Reichen, die Arbeiterklasse muss für ihre Anliegen mutig streiten.

In diesem Sinne:

  • 400€ für die Eisenbahner und alle Sektoren, die sich ihrem Kampf anschließen
  • Für einen gemeinsamen Aktionstag aller kämpfenden Sektoren
  • Die vida hat die die Autorität, eine AktivistInnen- und Betiebsrätekonferenz einzuberufen, um die Auseinandersetzungen zu verallgemeinern und sich gegenseitig zu stärken. Das sollte sie auch tun.
  • Kein Abschluss ohne Urabstimmung
  • Für eine Ausweitung der Streiks und breite öffentliche Solidarität

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