Im Sozialbereich kehrt keine Ruhe ein. Die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich laufend, die Personalsituation ist weiterhin deutlich angespannt. Wir Beschäftigten brauchen Kontrolle über unsere Arbeitsbedingungen – angefangen mit demokratischen Abstimmungen darüber, was wir fordern und wie wir kämpfen wollen, argumentiert Sarah Ott.
Seit ein paar Monaten bekommen die Beschäftigten im privaten Gesundheits- und Sozialbereich (SWÖ) zwar die von GPA und vida hochgelobten +8% (Mindestbetrag 175€), die im letzten Kollektivvertrags-Abschluss festgelegt wurden. Aber allen im Bereich Arbeitenden ist klar, dass dies einen deutlichen Reallohnverlust bedeutet hat. Dieser Abschluss wurde trotz der großen Kampfbereitschaft der Beschäftigten durchgesetzt – eine Urabstimmung unter den Belegschaften, ob man mit den Verhandlungsergebnissen zufrieden ist oder weiterkämpfen will, gab es seitens der Gewerkschaftsführung nicht. Somit ist auch der Frust über den KV-Abschluss immer noch groß und die Unzufriedenheit hat sich durch die völlig ungerechte Vergabe des Pflegebonus gerade im Behindertenbereich noch weiter verstärkt (siehe Funke Nr. 210).
Jetzt organisieren die Gewerkschaften vida und GPA am Tag der Pflege nochmal eine Kundgebung vor dem Sozialministerium unter dem Slogan „Wir sind sauer“. Ebenfalls im Mai findet in Wien eine Betriebsrätekonferenz statt, bei der bereits im Vorfeld über die Forderungen für die KV-Verhandlungen gesprochen werden soll. Der Wiener Landesausschuss des zuständigen Bereichs (Wirtschaftsbereich 17) der Gewerkschaft GPA forderte dazu die Vernetzungen (Behindertenhilfe, Suchthilfe, Kinder- und Jugendarbeit, Pflege, Obdachlosenhilfe) auf, sich dafür 2-3 Forderungen zu überlegen. Damit wir reale Verbesserungen erreichen können, dürfen Protestkundgebungen und Konferenzen jedoch keine „Mitmachspiele“ sein – ihnen müssen Taten folgen!
Wir wissen, was wir wollen
Wir im Betriebsrat von LOK haben daher beschlossen, diese Gelegenheit zu nutzen und eine Befragung der MitarbeiterInnen zu starten. Dabei haben wir gleich einige Rückmeldungen bekommen. Eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohn und Personalausgleich ist den Beschäftigten dabei ebenso wichtig, wie eine Reallohnerhöhung. Auch die volle Anrechnung der Vordienstzeiten, bessere Einstufungen in die Verwendungsgruppen und eine Verbesserung des Pflegebonus wurden von vielen genannt. Klar ist jedenfalls, dass die Beschäftigten eine deutliche Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen brauchen und auch bereit sind dafür zu kämpfen. Ein Mitarbeiter schreibt uns beispielsweise:
„Insgesamt hoffe ich auf kämpferische Verhandlungen durch die Gewerkschaften, um unseren Forderungen ggf. durch Streik mehr Nachdruck zu verleihen. Die derzeitigen Arbeitnehmer:innenengpässe zeigen eklatant den Bedarf nach Verbesserung der Arbeitsverhältnisse auf.“
Für eine kämpferische Gewerkschaft!
Was braucht es also, um solche Verbesserungen zu erkämpfen? Als ersten Schritt wäre es notwendig, in möglichst vielen Betrieben in ganz Österreich die MitarbeiterInnen von Anfang an in den KV-Verhandlungsprozess mit einzubinden. Sie müssen mitentscheiden können, welche Forderungen gestellt werden.
Dazu braucht es Betriebsrätekonferenzen in allen Bundesländern, bei denen über die Forderungen der MitarbeiterInnen diskutiert und abgestimmt wird.
Es gilt, möglichst früh – noch vor den Verhandlungen – eine österreichweite Betriebsrätekonferenz zur Festlegung eines Kampfplanes zu organisieren. Es muss Mobilisierungen in den Betrieben geben, Streikbeschlüsse müssen ernst genommen werden. Denn wenn die aktuell laufenden Frühjahrs-KV-Verhandlungen eines zeigen, so ist es, dass wir nichts geschenkt bekommen und uns jede noch so kleine Verbesserung hart erkämpfen müssen.
Nicht zuletzt braucht es dann noch demokratische Urabstimmungen zum Verhandlungsergebnis, so wie wir sie in den letzten Jahren bereits mehrmals selbstorganisiert von unten durchgeführt haben.
Wir von LOK werden uns bei der Wiener BR-Konferenz im Mai für Abstimmungen über unsere Forderungen einsetzen, einschließlich einer Urabstimmung über Verhandlungsergebnisse – und dass die Beschlüsse der Konferenz diesmal auch an alle Betriebsräte im SWÖ österreichweit zur Information ausgeschickt werden.
Die Autorin ist Funke-Unterstützerin und BR bei LOK.
(Funke Nr. 213/24.4.2023)