Pakistan wird von einer Massenbewegung der nationalen Minderheit der Paschtunen erschüttert. Ein Bericht von Wasil Faizi.

 

Anfang Februar gab es auf so­zialen Medien Fotos und Vi­deos von einem kleinen Protest in der Hauptstadt Islamabad. Dabei ging es um einen der unzähligen Fälle, bei dem ein junger Pasch­tune namens Naqeeb Masaud von Polizisten in der Stadt Karatschi ermordet wurde. Karatschi ist die größte Stadt Pakistans mit 15 Millionen Einwohnern. Dort le­ben, arbeiten oder studieren auch viele Paschtunen.

Diese „Bewegung für den Schutz der Paschtunen“ wur­de von dem nur 24 Jahre alten Paschtunen Manzoor Pashteen begonnen. In sehr kurzer Zeit ist die Anzahl der Teilnehmenden von 22 auf Tausende gestiegen und hat sich auf das ganze Land ausgebreitet. Alle diese Protes­tierenden kommen ursprünglich aus pakistanischen Gebieten, die an Afghanistan grenzen. Diese Gebiete sind in Österreich, als auch international aufgrund der Taliban und Drohnenangriffe der USA bekannt.

Das Alltagsleben wurde für normale Paschtunen in diesem Gebiet schon in den letzten 40 Jahren immer schwerer. Aber nach der amerikanischen Inter­vention in Afghanistan 2001 ist es unmöglich geworden, dort halb­wegs gut zu leben. Die Paschtuni­schen Gebiete in Pakistan wurden wie schon in der Vergangenheit wieder von der Regierung dazu benutzt, um „gute Taliban“ zu trainieren. Die „guten Taliban“ waren diejenige, die für pakista­nische Interessen in Afghanistan kämpften, alle anderen Gruppen galten als „schlecht“. Doch die „guten Taliban“ haben auch die Paschtunischen Gebiete in Paki­stan zur Hölle für normale Men­schen gemacht.

Um seine imperialistischen Meister zu befriedigen, begann die pakistanische Armee aber damit, künstliche Operationen in diesem Gebiet durchzuführen. Angeblich bekämpften sie dort Terroristen, in Wirklichkeit aber haben sie nur die armen Leute terrorisiert, sie aus den Dörfern herausgeholt und sie in große La­ger geschickt. Dabei gab es immer wieder Berichte, dass Armeeoffi­ziere währenddessen mit Taliban Tee tranken. In diesen künstli­chen Operationen hat die Bevöl­kerung ihre Dörfer, Wohnungen und ihre Lebensgrundlage ver­loren, hunderttausende wurden zu Flüchtlingen. Jeder, der sich gegen diese Repression ausge­sprochen hat, wurde getötet und danach als Terrorist bezeichnet. Zehntausende Menschen haben ihre Leben verloren und zehn­tausende sind immer noch ver­schwunden.

Genau deswegen sind die meisten der jungen Leute in gro­ße Städte wie Karatschi gezogen, weil ihre Gebiete nicht mehr si­cher waren. Sie sind gegangen, um zu studieren, zu arbeiten oder einfach nur um sicherer zu leben. Aber auch dort sind sie nicht sicher. Tag für Tag werden junge Paschtunen von Polizisten erschossen. Sie werden als un­gebildet und unzivilisierte Leu­te bezeichnet - es wird über ihre Sprache gelacht, da sie die Amts­sprache Urdu nicht gut ausspre­chen können. Spaltung anhand der Herkunft ist also nicht nur in Österreich, sondern auch in Paki­stan Strategie der Herrschenden.

Doch diese Unterdrückung wandelt sich jetzt in eine Massen­bewegung um. In vielen Städten fanden bereits Demonstrationen statt, erst vor wenigen Tagen de­monstrierten zehntausende in der Millionenstadt Peschawar. Im Moment sind ihre Forderungen:

  • Rao Anwar (der Polizist, der Naqeeb Masaud ermordet hat) soll vor Gericht gestellt werden.
  • Morde der Polizei und des Militärs müssen beendet werden
  • Landminen, die viele Men­schen töten, müssen entfernt wer­den
  • Verschwundene Leute müs­sen zurückgebracht werden

 

Der nächste Schritt der Bewe­gung ist jetzt, von Dorf zu Dorf zu gehen, um die Bewegung zu ver­größern. Während diese Proteste im Gang sind, wächst der Druck auf die Regierung und so keh­ren immer mehr verschwundene Leute nach Hause zurück. Das macht Hoffnung und so schließen sich immer mehr diesen Protes­ten an. Dabei ist besonders die Beteiligung von Frauen extrem bedeutsam, aber auch andere na­tionale Minderheiten schließen sich an. Die Proteste werden also zur Gefahr für das gesamte Un­terdrückerregime.

Die Bewegung lässt sich nicht aufhalten. Sie hat sich schnell nach Afghanistan und auf die ganze Welt verbreitet. In Frank­furt, Köln, Belgien, Paris und USA gab es schon Proteste und es sind weitere geplant, auch in Wien: Am 6.Mai findet um 14.00 Uhr eine Solidaritätskundgebung am Stephansplatz statt.

Anstatt uns spalten zu las­sen, müssen wir alle gemeinsam kämpfen. Gerade auch in Ös­terreich, wo die neue Regierung die Abschiebung von hunderten Afghanen in Kriegsgebiete plant, darf internationale Solidarität kein phrasenhaftes Wort sein.

Die jetzige Bewegung zeigt die kämpferische und revolutionäre Tradition, die in den letzten 40 Jahren durch die Machenschaf­ten der Großmächte unterdrückt wurde, jetzt aber wieder zum Vorschein kommt.

  • Gemeinsamer Kampf gegen die Unterdrückung der Paschtu­nen!
  • Gegen Abschiebungen aus Österreich!
  • Arbeiter aller Länder, verei­nigt euch!
  • Hoch die internationale So­lidarität!

 

Dieser Artikel erschien erstmals am 24.4.2018 im Funke Nr. 163

 

Wichtig: Zeige Solidarität mit entführten Genossen

Am 22. April wurden 7 GenossInnen der pakistanischen Schwesterströmung des Funke ohne Anklage von der paramilitärischen Einheit der „Sindh Rangers“ verschleppt, die für außergerichtliche Morde berüchtigt ist. Ihr einziges Verbrechen war, an einem Protest des PTM in Karatschi teilzunehmen. Wir kennen weder ihren Aufenthaltsort bekannt, noch gibt es überhaupt eine Bestätigung, dass sie verhaftet wurden. Sie sind „verschwunden“ wie zehntausende PaschtunInnen.

Auf einer Protestkundgebung gegen das Verschwinden der Genossen wurden am Montag vier weitere Genossen entführt. Zwei sind wieder in Freiheit, während zwei weiter - Yasir Irshad und Shay Razai weiter an einem unbekannten Ort fegehalten werden.

Hier ist, was du tun kannst (Link)


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