Die Führerin der Pakistan People's Party (PPP) beendete gerade eine Kundgebung der PPP-AnhängerInnen in Rawalpindi als der Anschlag stattfand. Die ersten Berichte sprachen von mindestens 100 getöteten Menschen, aber jüngste Berichte korrigierten die Zahl auf 20.

Dieser mörderische Anschlag auf die PPP fand mitten der Wahlkampfkampagne statt, eine Kampagne die nach den Jahren der Militärdiktatur vom Wunsch der Massen nach Veränderung geprägt ist. Es gibt eine massive Welle der Unterstützung für die PPP, die am 8. Januar beinahe sicher die Parlaments- und Regionalparlamentswahlen gewonnen hätte.

Die Wahlkampagne nahm beständig an Kraft zu und der marxistische Flügel der PPP hat eine enthusiastische Unterstützung – in solch entfernen Gebieten wie Karachi und den Stammesgebieten Waziristans im Norden - für ihre revolutionär sozialistische Botschaft bekommen. Diese Wahlen hätten eine großen Linksruck der Gesellschaft in Pakistan reflektiert. Diese Perspektive löste in der herrschenden Clique Alarm aus. Dies ist es was hinter der heutigen Grausamkeit steckt.

Es war ein Verbrechen gegen die ArbeiterInnen und Bauern Pakistans, eine blutige Provokation mit dem Ziel jene Wahlen, die die PPP gewonnen hätte, abzusagen und den Prätext für eine erneute Repressionswelle und der möglichen Wiedereinführung des Ausnahmezustandes und der Diktatur zu liefern.

Wer ist der Verantwortliche? Die Identität der Mörder liegt noch im Dunkeln. Doch als ich diese Frage an die GenossInnen in Karachi stellte war ihre Antwort prompt: „es waren die Mullahs“. Die dunkeln Kräfte der Konterrevolution kleiden sich in Ländern wie Pakistan gewöhnlich im Gewande des islamischen Fundamentalismus. Es gab sogar Gerüchte, dass Benazir aus einer Moschee heraus erschossen wurde, während in westlichen Medien die Version des Selbstmordattentäters publiziert wird.

Wie auch immer die technischen Details der Ermordung gelagert sind, und wer auch immer die ausführende Hand dieser kriminellen Handlung sein möge, die Fäden der Verschwörung reichen mit Sicherheit in die „hohen“ Spähren der Gesellschaft. Die sogenannten islamischen FundamentalistInnen und Djhadis sind nur die Marionetten, gekaufte Mörder reaktionärer Kräfte die sich in der pakistanischen Oberschicht und Staatsapparat eingebunkert haben, finanziert vom Geheimdienst ISI, Drogenbaronen mit Verbindungen zu den Taliban und dem Saudischen Regime, begierig darauf jede wie auch immer gelagerte konterrevolutionäre Tat wo auch immer auf der Welt zu finanzieren.

Der Krieg in Afghanistan hat ruinöse Auswirkungen auf Pakistan. Nach dem Rauswurf der Sowjets war die pakistanische Oberschicht begierig darauf dieses Land zu kontrollieren. Die pakistanische Armee und der Geheimdienst ISI mischten dort seit Jahrzehnten mit. Die Grenzen zwischen der Staatsmacht, Taliban und Drogenbaronen (was letztlich dasselbe ist) sind noch immer verschwommen. Große Gewinne werden mit Drogen gemacht, und der Drogenhandel vergiftet Pakistan und destabilisiert die Ökonomie, Gesellschaft und Politik des Landes.

Die Ermordung Benazir Bhuttos ist einer weiterer Ausdruck der gänzlichen Verrottetheit, Degeneration und Korruption die alle Lebensadern Pakistans ausfüllt. Die Misere der Massen, die Armut, die Ungerechtigkeiten rufen nach Gerechtigkeit. Die Feudalherren und Kapitalisten haben keinen Ausweg aus dieser Sackgasse. Die ArbeiterInnen und Bauern suchen den Ausweg aus dieser verallgemeinerten Krise über die PPP.

Die sogenannten “Linken” werden sagen: Benzirs Programm würde keinen Ausweg aus der Krise gewiesen haben. Die MarxistInnen in der PPP kämpfen für ein sozialistisches Programm – für das Gründungsdokument der PPP. Aber die Massen können nur durch die eigene Erfahrung erkennen welches Programm und welche Politik ihnen weiterhilft.

Die Jännerwahlen hätten den Massen eine Möglichkeit geboten wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen, indem sie den Kräften der Reaktion und der Diktatur eine massive Niederlage zugefügt hätten. Damit hätten sie die Chance erobert Programme und Politik nicht in der Theorie, sondern in der Praxis zu testen.

Nun schaut alles danach aus, als dass sie diese Möglichkeit nicht haben werden. Der Zweck dieser kriminellen Provokation ist klar: die Wahlen abzusagen. Ich kenne noch keine Reaktionen der pakistanischen Regierung, aber es scheint denktunmöglich, dass die Wahlen am 8. Jänner stattfinden. Sie werden zumindest um einige Zeit verschoben.

Welchen Effekt wird dies auf die Massen haben? Ich habe am Telefon gerade mit den GenossInnen von „The Struggle“ in Karachi gesprochen. Diese GenossInnen führen einem heftigen Kampf mit den reaktionären Schlägerbanden der MQM. Sie sagen nun, dass die Massen in einen Schockzustand verfallen sind. „Menschen weinen und Frauen stimmen in ihren Häusern Wehklagen an: ich kann sie jetzt gerade hören“, so der Genosse am Telefon.

Aber Schock wandelt sich schon in Zorn: “In Karachi und anderen Städten gibt es Aufruhr. DemonstrantInnen blockieren die Strassen und verbrennen Autoreifen.“ Dies sind Warnsignale an die herrschende Klasse dass die Geduld der Massen nun erschöpft ist. Die Massenbewegung kann durch den Tod einer Führerin, oder tausend FüherInnen nicht gestoppt werden.

Die Massen stehen immer zu ihrer traditionellen Massenorganisation. Die PPP wurde in der Hitze der revolutionären Bewegung von 1968-69 geboren, als ArbeiterInnen und Bauern nahe daran waren die Macht in der Gesellschaft zu erobern.

Diktator Zia ermordete Benzairs Vater. Dies verhinderte den Wiederaufschwung der PPP in den 1980 Jahren jedoch nicht. Die Kräfte des Staatsterrorismus ermordeten Benazirs Bruder, Murtazar. Dann exilliierten sie Benazir und etablierten eine neue Diktatur. Dies verunmöglichte es der PPP jedoch nicht wiederum aus der Asche zu entstehen als 2-3 Millionen Menschen auf die Strasse strömten um sie wieder willkommen zu heißen.

Die Massen werden sich vom momentanen Schock und Gram erholen. Diese Emotionen werden verblassen und dem Zorn und dem Durst nach Rache weichen. Was es jedoch braucht ist nicht individuelle Rache - sondern kollektive. Was es braucht ist es nun die Massen für eine neue revolutionäre Offensive, die die Probleme Pakistans an der Wurzel angeht vorzubereiten.

Die herrschend Clique möge die Wahlen verschieben, aber früher oder später werden sie stattfinden müssen. Die Reaktionären rechnen damit, dass das Ende Benzirs die PPP schwächen wird. Dies ist eine schwere Fehlkalkulation! Die PPP kann nicht auf ein Individuum reduziert werden. Wenn das so wäre, dann wäre sie gemeinsam mit der Exekution Zulfiqar Ali Bhutto getötet worden.

Die PPP ist mehr als ein Individuum, die PPP ist der organisierte Ausdruck der Massen die Gesellschaft zu verändern. Die PPP sind jene 3 Millionen die auf die Strassen gingen als Benazir aus dem Exil zurückkehrte. Es sind die duzenden Millionen die vorhatten in den Jännerwahlen für eine Veränderungzu stimmen. Diese Millionen sind nun in Trauer. Sie werden effektive Kampfwege finden, dass ihre Stimmen gehört werden.

Die Massen müssen die Ermordung der Führerin der PPP in einer nationalen Protestbewegung zum Ausdruck bringen: Massenkundgebungen, Streiks, Protestdemonstrationen, die in einem Generalstreik münden. Sie müssen energisch die Frage der Demokratie stellen. Nieder mit der Diktatur! Nieder mit den Ausnahmegesetzen! Sofortige Neuwahlen!

Die PPP Führung darf dem Druck jetzt die Wahlen abzusagen nicht nachgeben. Sofortige nationale und regionale Wahlen! Die Stimme des Volkes muss gehört werden! Und vor allem: die PPP muss zu ihrer ursprüngliche Programmatik und Prinzipien zurückkehren.

Das Gründungsprogramm der PPP verfolgt das Ziel der sozialistischen Transformation der Gesellschaft. Hier ist die Nationalisierung des Landes, Banken und der Industrie unter ArbeiterInnenkontrolle, die Ersetzung der stehenden Armee durch eine ArbeiterInnen- und Bauernmiliz. Diese Ideen sind heute so korrekt und relevant wie zum Zeitpunkt als sie zuerst auf Papier gebracht wurden.

Nichts ist einfacher als einem einzelnen Menschen das Leben zu nehmen. Wir Menschen sind fragile Geschöpfe und einfach zu töten. Niemand aber kann eine Idee deren Zeit gekommen ist töten!

Alan Woods


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