Warum die SYRIZA-Regierung sich nur auf Basis einer klassenorientierten, internationalistischen Methode durchsetzen kann und warum ihre diskursorientierte Strategie auch in dieser Frage scheitert, erklärt die Kommunistische Strömung in SYRIZA in diesem Statement.

In den letzten Tagen gibt es eine aufgeregte Diskussion um die Erklärung der griechischen Regierung, Kriegsreparationen von Deutschland einzufordern.

Die ökonomischen Verpflichtungen Deutschlands an Griechenland aus der Zeit des 2. Weltkriegs betreffen Reparationen für die Vernichtung von Eigentum, Entschädigungen für die Naziopfer (die teilweise schon 1960 ausgezahlt wurden) und den erzwungenen „Kredit“, der dem deutschen Staat während der Besatzung gegeben wurde. Diese international anerkannten Pflichten wurden vom griechischen Staat seit dem Bürgerkrieg nicht mehr erwähnt, während sich gleichzeitig eine allgemeine „Anerkennung“ für „kämpfende“ griechische Faschisten und einige „philhellenische“ Nazikader entwickelte. Solchen Leuten teilte der Staat Amnestien, Staats- und Regierungsämter aus.

Selbst nach dem Sturz der Militärdiktatur wurden diese Verpflichtungen nicht erwähnt, um die exzellenten politischen Beziehungen zwischen der griechischen und deutschen Bourgeoisie wie auch das Gefühl der „nationalen Einheit“ nicht zu stören, das skandalöserweise auch von der Führung der Linken befeuert wurde.

Im Jahre 2012 wurde schließlich ein parteiiübergreifendes Komitee zur Überprüfung der deutschen Schulden gegründet. Dieses Komitee ermittelte, dass die Schuld in heutigen Werten 162 Milliarden Euro beträgt.

Die falsche Methode der Regierung

Mit ihrer Entscheidung ist die Regierung darangegangen, dieses Komitee wiederzueröffnen, während die Parlamentspräsidentin ankündigte, nun beginne eine „europaweite Kampagne mit dem Ziel, die europäischen Parlamente zu informieren und die öffentliche Meinung in Europa in Bezug auf die Frage der Forderung nach deutschen Reparationen zu sensibilisieren“. Die Methode, die die Regierung in der gegebenen Frage allerdings anwendet, ist leider in vielerlei Hinsicht falsch.

Zunächst ist klar, dass die Forderung nach deutschen Reparationen in einer opportunistischen Weise benutzt wird. Erstens wurde sie als „diskursive“ Ablenkung verwandt, als die Troika zurückkam um die üblichen entwürdigenden Kontrollen durchzuführen, die laut der Bekräftigungen der Regierung seit den Wahlen „vorbei“ waren. Und dann stellt sie den Versuch der Regierung dar, ihren GläubigerInnen etwas Zeit und Flexibilität abzupressen, um ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen vom 20. Februar nachkommen zu können. Das passiert allerdings in dem Moment, in dem die Regierung sich bereit erklärt hat, sich immer zurückzuziehen, wenn die GläubigerInnen reagieren, weil sie mit der Unterzeichnung des Abkommens den allgemeinen Austeritätsrahmen anerkennt, den sie gesetzt haben.

Man kann dieser Kritik nicht vorwerfen, sie sei „destruktiv“ oder „unsolidarisch“ gegenüber der SYRIZA-Führung. Bei der Ankündigung, Eigentum des deutschen Staates in Griechenland enteignen zu wollen, beeilte sich der Justizminister hinzuzufügen, dass er „den Zeitpunkt der Unterzeichnung“ eines diesbezüglichen richterlichen Beschlusses „von der politischen Verhandlung der Reparationsfrage abhängig machen“ werde. Noch charakteristischer ist aber die Tatsache, dass die Regierung offensichtlich mit dem deutschen Staat um eine Summe verhandelt, deren Auszahlung an den griechischen Staat einem Schuldenschnitt um 50% gleichkäme, nachdem die erste Handlung der Regierung in den Verhandlungen darin bestand, jede Diskussion über einen Schuldenschnitt von sich zu weisen.

Am schädlichsten an der Art der Regierung, die Frage nach deutschen Reparationen aufzuwerfen, ist aber, dass sie sich hütet, in internationalistischer Weise auf die deutschen ArbeiterInnen zuzugehen. In der vergangenen Periode hat die griechische Regierung versucht, ein Bündnis gegen Deutschland aus den bürgerlichen Regierungen Südeuropas und der US-Regierung zu schmieden – was im erwarteten Fiasko resultierte – während sie gleichzeitig keinerlei ernsthafte, internationalistische Initiative ergriffen hat, um sich an ihre wirklichen MitstreiterInnen zu wenden: die Gewerkschaften, die Parteien der Linken und die ArbeiterInnen Europas und inbesondere Deutschlands – obwohl seit den Wahlen unzählige Solidaritätsmobilisierungen für SYRIZA in ganz Europa aber auch im Rest der Welt stattgefunden haben.

Das einzige Mal, dass die neue Regierung sich „internationalistisch“ positioniert hat, war, um ihren Verrat an der Forderung nach Streichung des größten Teils der Schulden hinter der Ausrede zu verstecken, man wolle den deutschen SteuerzahlerInnen nicht schaden! Es ist leicht zu verstehen, was für eine Verwirrung eine solche Aussage auslöst, wenn wenige Wochen später die Forderung nach Reparationen kommt, (die, wie gesagt, die Hälfte der griechischen Schulden ausmachen) – aber nicht von den deutschen KapitalistInnen, sondern von „Deutschland“ im Allgemeinen. Es ist kein Zufall, dass in der letzten Woche der Anteil der deutschen BürgerInnen, die eine negative Meinung von der griechischen Regierung haben, von 40% auf 50% gestiegen ist.

Was geschehen müsste

Ist es also richtig, die Frage der deutschen Schulden aus dem 2. Weltkrieg anzusprechen? Die Antwort ist ja, aber nur, wenn das als Teil einer allgemeinen Politik der Konfrontation mit den GläubigerInnen, den europäischen KapitalistInnen, aber auch mit der herrschenden Klasse in Griechenland geschieht, die sich auf die aktive Mitarbeit der Völker Europas stützt.

Die neue Regierung müsste die Treffen mit ihren „PartnerInnen“ nutzen, um auf kämpferische Weise den Klassencharakter der Schulden aufzudecken und zu erklären, dass die Kredite für Griechenland an die griechischen KapitalistInnen weitergeleitet wurden, und nun vom Volk bezahlt werden sollen. Würde sie diese Situation detailliert erklären, könnte sie den Schluss ziehen, dass ein Teil der Schulden aus der Nichtrückzahlung der Kriegsreparationen von Seiten der Vorgänger der heutigen deutschen KapitalistInnen resultiert. So könnte sie schließlich bei der Erklärung der einseitigen Streichung der Staatschulden ankommen.

Gleichzeitig müsste die griechische Regierung die europäischen ArbeiterInnen aufrufen, die „Lasten“ auf die KapitalistInnen ihrer Länder abzuwälzen, während sie selbst den Konflikt mit der griechischen herrschenden Klasse eingeht und so ein leuchtendes, praktisches Beispiel für die revolutionäre Konfrontation mit der Austerität gibt. Ein solcher Ansatz würde nicht nur ein „diskursives“ Feuerwerk unter den arbeitenden Menschen in Griechenland entfachen, sondern gleichzeitig auch im deutschen Volk völlige Klarheit über die Bedeutung der Reparationen schaffen.

Ein klassenorientierter statt eines national beschränkten Ansatzes zur Lösung dieser allgemeinen Aufgaben der neuen Regierung würde die europäischen ArbeiterInnen gegen ihren gemeinsamen Feind, den europäischen Kapitalismus, vereinen und den einzigen Weg aufzeigen, der Gerechtigkeit für die Opfer der Nazis, der Memoranden und der Austerität schaffen kann: Die Enteignung der KapitalistInnen!


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