Der Brand im Flüchtlingslager Moria in Griechenland ist ein brennendes Signal für das völlige Scheitern der europäischen Flüchtlingspolitik und der letzte Sargnagel im Mythos der „Friedensunion“ Europa. Eine Erklärung der Funke-Redaktion.

Man muss sich den Irrsinn konkret vor Augen halten: Über Jahre hinweg werden Menschen, die sich nichts zu Schulden kommen haben lassen unter menschenunwürdigen Bedingungen zu tausenden zusammengepfercht. Männer, Frauen und Kinder müssen seit Jahren im Winter in Zelten frieren, in Dreck und ohne ausreichend Zugang zu sanitären Einrichtungen leben, Krankheiten wie COVID 19 können sich dadurch ungehindert ausbreiten. Seit Jahren gibt es für sie keinerlei Perspektive, irgendetwas an dieser Situation zu ändern, weil die „Friedensunion“ sie als „Pushfaktor“, d.h. als abschreckendes Beispiel leiden sehen will, damit ja niemand auf die Idee kommt zu versuchen, die „Festung Europa“ zu überwinden.

Und in dem Moment, indem einzelne Verzweifelte (vermutlich) nach Jahren ihr Gefängnis anzünden, in dem sie einen langsamen Tod sterben, bricht über sie der Sturm der Entrüstung herein, der an Zynismus nicht mehr zu überbieten ist.

Dieselbe europäische Politik, die seit Jahren jedes Jahr bewusst tausende Menschen im Mittelmeer sterben lässt, schimpft wie mit einer Stimme über die „kriminellen Migranten“ die „Leben in Gefahr bringen“. Dasselbe fettgewordene europäische Kapital, das in der Krise riesige Profit macht, während Millionen ArbeiterInnen arbeitslos geworden sind, noch viel mehr in der Kurzarbeit arm werden und Millionen Jugendliche jegliche Zukunftsperspektive verlieren, lamentiert darüber, dass „wir alle“ uns die Migration nicht leisten können.

Wir sagen offen: Einer Gesellschaft, die leicht einen guten Arbeitsplatz und gute soziale Absicherung für jeden Menschen, egal ob Österreicher oder Migrant zur Verfügung stellen könnte, steht nur die Macht des Kapitals gegenüber, das unter allen Umständen durch Gewalt, Spaltung und Lügen ihr System verteidigt, um uns alle weiter ausbeuten zu können.

Und wie immer steht das österreichische Bürgertum, allen voran die ÖVP, an der Spitze dieses reaktionären Getöses: Innenminister Nehammer und Außenminister Schallenberg dürfen den Zynismus offen aussprechen, während die Grünen als linkes Feigenblatt der Koalition das alles klaglos akzeptieren und wieder einmal zeigen, dass der Liberalismus nicht das kleinere Übel, sondern nur eine andere Seite der selben, reaktionären Medaille ist.

Der Funke ruft daher dazu auf, sich an den Demonstrationen in den kommenden tagen zu beteiligen, die gegen diese Zustände auf die Straße mobilisieren. Wir müssen jedoch dazu sagen: Momentan sind zwei größere Demonstrationen geplant (eine am morgigen Freitag, eine andere am Samstag), die von zwei verschiedenen breiten Bündnissen getragen werden und deren politischen Forderungen sich nicht so grundlegend voneinander unterscheiden, dass die Kräfte nicht auf einer Demonstration gebündelt werden könnten. Wir rufen daher die Organisatoren beider Demonstrationen auf, sich umgehend auf einen Termin einer gemeinsamen Demonstration zu einigen.

Sollte das nicht zustande kommen, können wir nur den Schluss ziehen, dass das an engstirnigen organisatorischen Eigeninteressen der Hauptorganisatoren liegt, die insbesondere im Hinblick auf die Wienwahl taktisch „Punkte“ sammeln wollen, anstatt den Kampf gegen Ausbeutung, rassistische Spaltung und Unterdrückung möglichst effektiv zu organisieren. Wenn das der Fall ist, rufen wir dazu auf, sich nach Möglichkeit an beiden Demonstrationen in Wien zu beteiligen:

Graz:

  • Freitag, 11. September, 18:00 Hauptplatz

Daher:

  • Solidarität mit der Gefängnisrevolte in Moria!
  • Für eine sofortige Auflösung des Lagers!
  • Für eine gemeinsame Großdemonstration aller linken Kräfte in den nächsten Tagen!
  • Arbeit, ein guter Lohn, Bleiberecht und demokratische Rechte für alle, die hier leben oder das wollen!
  • Für die vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
  • Hoch die internationale Solidarität!

Funke, 10. September 2020


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