Kriege und Revolutionen testen politische Parteien. Sie bringen deren Wesen und versteckte Widersprüche an die Oberfläche. Christoph Pechtl analysiert die Positionen der KPÖ im Ukraine-Krieg.
Wie der Krieg für die Bürgerlichen die Fortsetzung ihrer Politik mit anderen Mitteln ist, so ist es ebenso die Aufgabe der KommunistInnen, ihrer Politik, dem Internationalismus und dem Kampf gegen die Bourgeoisie treu zu bleiben. Die KPÖ jedoch versucht seit ihrem Regierungsantritt in Graz, einem Konflikt mit den Bürgerlichen zu entgehen, und folgt dieser Logik auch im Ukrainekrieg. Der Funke erklärte, wie die pazifistische Losung der „wahren Neutralität“ in der Praxis zu einer Unterstützung der pro-westlichen Kriegstreiber führt. So unterstützte die KPÖ dezidiert Bundeskanzler Nehammer, der unter dem Deckmantel der Neutralität die österreichischen Kapitalinteressen in Osteuropa und der Ukraine vorantreibt. Nachdem Österreich bereits über die EU-Waffenlieferungen aktiver Kriegsunterstützer ist, wurden nun neue Verträge zwischen Wien und Kiew für „wirtschaftliche Zusammenarbeit“ abgeschlossen. Vorerst sind drei Investitionsprojekte in der Ukraine im Wert von 600 Millionen Euro beschlossen. Dies ist nur ein weiteres Beispiel für die Unmöglichkeit der Neutralität im Imperialismus.
Werner Murggs Fehler
Eine erneute Debatte innerhalb der KPÖ wurde durch die liberalen Angriffe auf den KP-Landtagsabgeordneten Werner Murgg losgetreten. Nachdem dieser die Seite des russischen Imperialismus einnahm, hagelte es Rücktrittsforderungen von allen bürgerlichen Fronten. Die Kritik aus dem Mund der Bourgeoisie stinkt jedoch zum Himmel, sind sie doch diejenigen, die in der Vergangenheit wirtschaftliche und persönliche Beziehungen zum Putin-Regime pflegten.
Murggs Sympathien mit Russland hingegen fußen in der fehlenden Analyse des Zusammenbruchs der Sowjetunion und des nachfolgenden Regimes in Russland. Daraus folgen Illusionen über den vermeintlich progressiven Charakter des russischen Kapitalismus. So rechtfertigte er bspw. die Unterstützung Putins durch die Führung der Kommunistischen Partei Russlands. Laut Murgg könne die KPRF so angebliche sozialistische Überbleibsel Russlands, wie den verstaatlichen Boden, verteidigen. Werner Murgg rechtfertigt damit allein die Auslieferung der russischen Arbeiterklasse an Putin.
Darüber hinaus sieht er den US-Imperialismus als Hauptfeind, anstelle den Imperialismus an sich als Charakter des Kapitalismus in seiner Fäulnisperiode zu begreifen. Nach dieser Logik werden alle Gegner der USA – egal wer – automatisch zu seinen Verbündeten.
Marxismus vs. Pazifismus
Die Mehrheit der Partei sah sich durch die Angriffe der Liberalen in Bedrängnis, wobei sie Werner Murgg dabei aber nur die Position des „heimischen“ Imperialismus in pazifistischem Gewand entgegenzustellen vermochte. Die letzte Weisheit des Pazifismus besteht darin, umso lauter nach Frieden zu rufen, je mehr die Kriegstrommeln im Westen gerührt werden.
Washington und Brüssel finanzieren den Bärenanteil der ukrainischen Staatsausgaben und erklären offen das Kriegsziel, dem russischen Gegenspieler das Rückgrat brechen zu wollen.
Die KPÖ fordert aber unverdrossen eine diplomatische Lösung. Deutschland plant bereits eine Konferenz zum „Wiederaufbau der Ukraine“ (man lese: Ausplünderung der Schuldenkolonie). Die KPÖ fordert Frieden. Die Financial Times lobt Selenskyj für die härtesten Angriffe auf die Arbeiterbewegung seit Jahrzehnten, da dies das Vertrauen für weitere Kredite von Seiten des IWF garantieren würde. Die KPÖ fordert bürgerliche Organisationen auf, sich auch für Frieden einzusetzen.
Ein Frieden unter diesen Räubern kann nur ein Räuber-Frieden sein, um Nationen auszuplündern anstatt sie zu befreien. Eine diplomatische Lösung dieser Imperialisten kann nur ein zeitweises Abkommen sein, das den zukünftigen Krieg bereits in sich trägt. Der einzige Garant für Frieden und eine Lösung der Nationalen Frage ist der Sturz der Kriegstreiber aller beteiligten Nationen. Wer dies nicht den ArbeiterInnen erklärt und die Interessen und Lügen der Bürgerlichen nicht klar darstellt, verschleiert den Charakter des Krieges und hilft den eigenen Imperialisten.
Nationale Einheit oder Internationaler Kampf?
So führt der Pazifismus zu einer Unterordnung der KPÖ unter die österreichischen und westlichen Kriegstreiber. Im Einklang damit lehnt die KPÖ die Sanktionen der EU nicht etwa deshalb ab, weil sich Österreich dadurch am Kriegstreiben des imperialistischen Westens beteiligt, sondern weil sie Russland nicht in die Knie zwingen würden. So meinte Elke Kahr: „wenn man nachweisen kann, dass die Sanktionen den Krieg beenden würden [...] wären wir die ersten, die sagen würden – gut!“.
Tatsächlich setzt das Grazer Rathaus auch aktive Sanktionsschritte. Anfang März wurde die 20-jährige Städtepartnerschaft zwischen Graz und St. Petersburg beendet bis es zum „Ende der Aggression Russlands gegen andere Staaten kommt und Schritte zur Wiederherstellung der Demokratie“ gesetzt würden.
Dieses Bündnis mit den Zielen und Methoden der eigenen Kapitalisten schwächt den Klassenkampf in Österreich und spaltet die internationale Arbeiterklasse zusätzlich.
Internationalismus
Die Spaltung in der Arbeiterklasse durch den Krieg zu überwinden, ist der einzige progressive Ausweg. So formulieren dies oppositionelle russische KommunistInnen anlässlich der Mobilmachung:
„Russische und ukrainische Soldaten! Ihr werdet zur Schlachtbank geführt für fremde Interessen. Auf der anderen Seite der Frontlinie stehen Geschwister, die, so wie ihr, aus Arbeiterfamilien stammen. Lasst euch für die Geldsäcke, die diesen Krieg betreiben, nicht missbrauchen. Führt keine kriminellen Befehle aus. Verbrüdert euch, bildet Soldatenkomitees, habt keinerlei Vertrauen in die Chauvinisten und Kapitalistenbüttel in euren Einheiten. Für die Verbrüderung und die Einheit der Arbeiterklasse Russlands und der Ukraine! Für einen neuen Oktober! Gegen alle imperialistischen Lager! Kein Krieg, außer dem Klassenkrieg!“
Wir können somit nur einen Appell an die GenossInnen der KPÖ richten: „Es gibt nur einen wirklichen Internationalismus: die hingebungsvolle Arbeit an der Entwicklung der revolutionären Bewegung und des revolutionären Kampfes im eigenen Lande.“ Es gilt, sich auf diese Worte Lenins zurückzubesinnen und für eine wahrhaft internationalistische Position in der jetzigen Debatte einzutreten. Nur wenn die KPÖ der eigenen Bourgeoisie den Krieg erklärt, steht sie nicht nur in Worten für Frieden ein, sondern auch in Taten.
(Funke Nr. 208/25.10.2022)