Schon lange nicht mehr haben wir so eine politische Aufbruchstimmung gesehen, hat sich die SJ so links positioniert und so viel Öffentlichkeit bekommen. Die Stellungnahme der Funke-Redaktion zum Verbandstag.

Ob Hypo, Sparpaket an den Schulen, 12-Stunden-Tag oder internationale Themen – in der SJ wurde in den letzten Monaten wieder heftig politisch diskutiert. Das ist gut so. Und dass daraus politische Aktivität fließt, ist noch besser. Beide Kandidatinnen zum Verbandsvorsitz haben ein sehr linkes Programm vorgelegt, das sich in Wirklichkeit nur in Nuancen voneinander unterscheidet. Beide sprechen sich für eine Re-Politisierung der Strukturen, für ein kantiges Profil nach außen und gegenüber der SPÖ und, last but not least, für ein Durchfluten der SJ mit Demokratie aus. Den Anspruch an innerorganisatorische Demokratie, den man an die SPÖ stellt, will man auch in den eigenen Reihen umsetzen. Die Funke-Strömung in der SJ begrüßt diese Entwicklung, weil die SJ nach einem langen Dornröschenschlaf wieder als das positioniert wird, was sie eigentlich sein sollte: die Speerspitze der Jugendbewegung!

Demokratie

Doch hinter den Kulissen setzen manche FunktionärInnen weiterhin auf bürokratische Manöver. Wie kann es aber sein, dass man einerseits jetzt groß von “mehr Demokratie” redet, sich aber andererseits gleichzeitig aus der bürokratischen Mottenkiste bedient, um ja nur selbst möglichst viele Delegierte bestellen zu können? Warum wurde dabei versucht das Statut so zurechtzubiegen, wie es einem gerade passt? Rund um diese Frage eines statutenkonformen Verbandstages hat sich in den letzten Wochen eine heftige Debatte entwickelt. Die Funke-Strömung war von Anfang an für das Abhalten des Verbandstages entsprechend der Statuten. Was auch der einzige Grund ist, warum wir uns bei der ersten Abstimmung im Verbandsvorstand über den Anteil der AKS-Delegierten enthalten haben, da damals nicht die im Statut vorgesehenen 15%, sondern nur 5% oder 10% zur Wahl standen.

Wir haben Julia Herr in den vergangenen Wochen in mehreren Diskussionen als Genossin kennengelernt, der wir es zutrauen würden, die SJ zu führen. Externe Beobachter könnten fast den Eindruck bekommen, dass ihr Programm in einigen Fragen sogar einen stärkeren Linksruck darstellt als jenes von Fiona Kaiser. Wie wir alle nur zu gut wissen, ist Papier sehr geduldig. Deshalb muss ein sozialistisches Programm immer mit einer dementsprechenden Praxis nach außen und einem gesunden internen Organisationsregime einher gehen.

Bei der Wahl um den Verbandsvorsitz stehen zwei Kandidatinnen zur Wahl. Aber in Wirklichkeit stehen hinter jeder der beiden Strukturen, mit den - ihren eigenen - Konzepten, Ideen und Methoden. Die Kräfte, die Julia maßgeblich unterstützen, haben in den letzten Wochen gezeigt, dass sie den Slogan von der “Durchflutung der SJ mit Demokratie” nicht wirklich Ernst meinen und den Apparat der Verbandsorganisation massiv für ihre spezifischen Interessen nützten. Und das überrascht auch nicht, wenn man weiß, wie es die Stützpfeiler dieses Bündnisses (die Führung der SJ Wien, der SJ Steiermark usw.) in den letzten Jahren mit der innerorganisatorischen Demokratie gehalten haben.

Bruch mit Ära Moitzi

Die Art und Weise, wie sich Julia und Fiona in diesem Wahlkampf positionieren, ist eine indirekte Absage an die gesamte Politik der alten Verbandsführung. Wer in der jetzigen Situation den Kurs von Wolfgang Moitzi als zukunftsweisend für die SJ bezeichnen würde, hätte in dieser Auseinandersetzung null Chancen gewählt zu werden. Doch der alte Verbandsvorsitzende und seine engsten Vertrauten in der SJ Wien und der SJ Steiermark versuchen mit allen Mitteln die davon schwimmenden Felle zu retten.

Diese Kräfte haben in den vergangenen Jahren die Entpolitisierung der SJ zu einem pseudokritischen Jugendwahlverein der SPÖ betrieben. Der eine oder andere hat dabei mächtig Karriere gemacht. Max Lercher wurde mit seiner Politik der Unterordnung der SJ unter die SPÖ fürstlich belohnt und ist jetzt Landesparteigeschäftsführer in der Steiermark. Unsere Strömung bekam in den vergangenen Jahren immer wieder das “Demokratieverständnis” dieser Kräfte zu spüren.

Die SJ Wien hat seit 2007 systematisch einen Kampf gegen linke Oppositionsströmungen in ihrer Landesorganisation betrieben. Der Putsch in der SJ Floridsdorf, die Diffamierung der GenossInnen der Funke-Strömung, das Hinausmobben der Marxist*in-Strömung usw. Und vergessen wir nicht, dass Wolfgang Moitzi 2007 als Kompromisskandidat in die Verbandsspitze gehievt wurde. Seine Aufgabe war es gerade die SJ, die zuvor ziemlich in Konflikt mit der Bundespartei geraten und von harten inneren politischen Auseinandersetzungen über die politische Ausrichtung gekennzeichnet war, mit sicherer Hand zu befrieden. Bürokratische Methoden gegen die linkesten Teile der SJ, die man aus dem ehemaligen Bündnis der “linken SJ” gedrängt hat, waren fixer Bestandteil dieser Politik. Mangelnde Demokratie und politischer Opportunismus gegenüber der Regierungspolitik der Großen Koalition haben sich dabei gegenseitig bedingt. Finanzielle und organisatorische Abhängigkeiten von der SPÖ tun das Ihrige dazu.

Neben Wien wurde vor allem in der SJ Steiermark ein Regime etabliert, das an die dunkelsten Phasen der SJ in den 1990ern nach dem Ausschluss des “Vorwärts” erinnert. Wolfgang Moitzi und Max Lercher sind zweifelsohne große Talente, wenn es darum geht bürokratische Machtstrukturen zu festigen. Persönliche Diffamierung, Hexenjagden, Ausgrenzung waren in den letzten Jahren übliches politisches Mittel. Im Fall von Michi Peiner, der als Bedrohung für dieses Regime in der SJ Steiermark wahrgenommen und dafür ausgeschlossen wurde, haben wir all diese Elemente hautnah mitbekommen. Garniert wurde das ganze mit antitrotzkistischer Propaganda, ohne je politische Argumente von Substanz vorzubringen. Es ist erfreulich, dass sich unter den neuen Kräfteverhältnissen dieses Lügengebäude nicht mehr länger aufrechterhalten ließ. (Siehe: Tauwetter in der Sozialistischen Jugend)

Doch wie immer in der Geschichte der Arbeiterbewegung richtet sich ein solch bürokratisches Regime nur vordergründig gegen “die TrotzkistInnen”. Wer nicht mitspielt, wer eine eigene Meinung entwickelt und die auch offen zu vertreten wagt, kommt schnell in die Schusslinie. Dies passierte jetzt mit einer Genossin der SJ Steiermark, die als gewähltes Verbandsvorstandsmitglied aber jetzt nicht mehr den Kurs ihres Landesvorsitzenden mittragen wollte. „Abweichlertum“ muss in den Augen dieser Leute Konsequenzen haben. Mit persönlichen Untergriffen und Einschüchterung versucht man erneut ein Exempel zu statuieren. Das Regime, das Max Lercher mit den dazu passenden Scharfmachern etabliert hat, darf unter seinen Erben erneut losschlagen. Diese Methoden in der SJ müssen gestoppt werden.

Theorie und Praxis

Die linken Programme, die am Verbandstag zur Wahl stehen, sind nur etwas wert, wenn sie in der Praxis auch die Anleitung zum Handeln sind. Das erfordert einen klaren Bruch mit dem, was die SJ in der Ära Wolfgang Moitzi dargestellt hat. Fiona Kaiser und ihr Bündnis unterstützten zwar auch lange diese Politik, doch hier sehen wir derzeit eine größere Bereitschaft und konkrete Schritte, diesen Bruch tatsächlich zu vollziehen.

Fiona hat vor kurzem einen Text veröffentlicht mit dem Titel „Klassenkampf reloaded“. Darin werden erstmals und völlig richtig die Aufgaben der SJ aus der objektiven Situation, aus der Dynamik des Kapitalismus und seiner Krisenhaftigkeit abgeleitet, und folgendermaßen definiert: „Und eine revolutionäre (Jugend)Organisation nutzt die Einblicke in die Notwendigkeit, den Klassenkampf mit zu organisieren und den Jugendlichen so einen Platz im Kampf um ihre Zukunft anzubieten.“

Mit diesem Selbstverständnis und gestützt auf das marxistische Grundsatzprogramm und das Programm für die Kandidatur für den Verbandsvorsitz würde die SJ eine politische Plattform erhalten, mit der wir die SJ zu einem Kampfinstrument der arbeitenden und lernenden Jugend im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung entwickeln können.

Die wahre Arbeit beginnt erst nach dem Verbandstag: Das Bildungssparpaket, die Flexibilisierung der Arbeitszeit stellen gewaltige Angriffe auf die Jugend dar. In diesen Fragen müssen wir Gegenwehr organisieren. An den Schulen werden wir versuchen eine große Bewegung gegen Bildungsabbau zu organisieren. In den Betrieben gilt es systematische Arbeit zur Organisierung von Lehrlingen und jungen ArbeiterInnen voranzutreiben. Doch diese Auseinandersetzungen müssen wir auch in den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung, der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften, führen. Hier stehen sich Sozialpartnerschaft und Koalitionsgesinnung auf der einen und Klassenkampf auf der anderen Seite gegenüber. Unter den heutigen Bedingungen ist der Widerspruch unversöhnlich. Wenn wir es mit unserem linken, klassenkämpferischen Programm ernst nehmen, die Organisation auf dieser Grundlage aufbauen, dann wird uns dann zu Konflikten mit der SPÖ-Bürokratie führen. Das wird nicht einfach, und die gesamte SJ sollte möglichst rasch auf solch ein Szenario politisch vorbereitet werden. Politische Schulungsarbeit, inhaltliche Debatten über marxistische Theorie und Praxis sind das geeignete Mittel dazu. Einen solchen Kurs werden wir mit voller Kraft unterstützen.

Siehe auch: Sozialismus oder Barbarei – Für eine starke, marxistische SJ


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