Banken. Deutsche Politiker wie Bayerns Finanzminister vergleichen Österreich mittlerweile mit Griechenland oder mit Pleite-Argentinien. Man könnte glauben, die Nachbarn hätten zu tief in den Bierkrug geschaut? Dabei agieren sie völlig nüchtern, wie unser Bankenexperte analysiert.
Ausgelöst wurden diese Polemiken durch die Entscheidung des österreichischen Finanzministers Schelling, ab sofort alle Zahlungen der staatlichen Hypo-Abbaugesellschaft Heta einzustellen. Verbunden war diese Ankündigung mit der überraschenden Feststellung, dass bei den Finanzwerten der einstigen Hypo schlagartig 7 Mrd. € an Verlusten schlagend werden. Dieses Geld hätte ab sofort aus dem Bundesbudget eingeschossen werden müssen.
Die erste Frage, die man sich stellen sollte: Warum erst jetzt, nachdem schon Milliarden in dieses Institut gepulvert wurden? Warum wurde die Hypo nicht schon vor Jahren in die Pleite geschickt? Wir habe die längste Zeit argumentiert, dass die Rücksichtnahme auf gewichtige und politisch gut vernetzte Banken-Akteure am Standort Österreich hier von entscheidender Bedeutung für die ÖVP war. Der SPÖ-Apparat setzte auf Vertuschung und Bezahlung, um ihre Position in staatlichen Institutionen nicht zu gefährden.
Öffentlich argumentiert wurde hingegen mit den Landeshaftungen. Dies stellt sich nun als Schutzbehauptung dar, denn die Frage ist bis heute weiter ungeklärt. Schelling behauptet weiters, dass die jetzige Entscheidung erst durch die EU-Bankenabwicklungs-Richtlinie (BRRD) eine gesetzliche Grundlage erhalten habe. Hier wird der schlampige Umgang mit Wahrheit rechtlich relevant. Die BRRD regelt die Abwicklung von Pleite-Banken aber nicht von staatlichen Abbaugesellschaften wie der Heta. Dies werden gescheitere Investoren vor europäischen Gerichtshöfen beeinspruchen.
Die Republik agiert mittels der Finanzmarktaufsicht als „ideeller Gesamtkapitalist“, der tunlichst die Gerichte umgeht. Daher wird die Heta nicht in die Pleite geschickt, sondern lebt als zahlungsunfähiger Zombie unter direkter Staatsaufsicht weiter. Demgegenüber streben Pleite-Investoren Prozesse an, um die garantierten Finanztitel vollständig ausbezahlt zu bekommen.
Die meisten übriggebliebenen Hypo-Geldgeber sind internationale Investoren, besonders deutsche Institute. Mit denen lässt es sich nicht so gut gegenseitig begünstigen, wie es am heimischen Rummelplatz von Politik und Geschäft üblich ist. Am Markt wird zudem bemerkt, dass US-Hedgefonds vermehrt Hypo-Papiere nachfragen, um diese später zum vollen Preis einzulösen. Das einzige, was Schelling bisher also tatsächlich gewonnen hat, ist Zeit.
Allen voran - aber nicht allein - die Bayrische Landesbank leidet aktuell unter der neuen Politik Wiens. Die BayernLB gab nun einen Verlust von 1,5 Mrd. € bekannt. Die österreichische Weigerung, Landes-Garantien nachzukommen, führt nun auch die EZB auf den Plan. Sie fordert alle europäischen Institute auf, Auskunft über österreichische Schuldtitel in ihren Bilanzen zu geben und über geplante Schritte zu informieren. Tatsächlich hat die von der Regierung behauptete Ungültigkeit von öffentlichen Garantien Auswirkungen auf die gesamte Stabilität des europäischen Finanzsystems.
Der klientelistische Umgang mit der Hypo hat nun also die internationale Finanzwelt geweckt und auf ein Mini-Griechenland in den Alpen aufmerksam gemacht. In den Worten des Berliner Finanzministeriums klingt das so: „Das Vertrauen in die Verlässlichkeit staatlicher Institutionen als Garanten eines stabilen Finanzmarktes könnte nachhaltig geschwächt werden.“
Dies ist des deutschen Michels Wink mit dem Zaunpfahl. Man darf zweifeln, ob im Gehege des selbstbewussten und mächtigen deutschen Bürgertums die verstohlene Günstlings-Mentalität der österreichischen Bourgeoisie und ihrer Banken-Zombies ebenso weit kommt wie im Alpen-Kapitalismus. Das wird weiter auf unsere Kosten gehen. Die alleinige Verantwortung dafür trägt das österreichische Kapital und seine politischen Handlanger. Die Arbeiterbewegung braucht ein antikapitalistisches Programm, um diesem Treiben nach so vielen verzockten Milliarden endlich ein Ende zu setzen.