Gestern fand in Linz eine FunktionärInnen-Konferenz der SPÖ Oberösterreich statt, die zum Ziel hatte, den gewaltigen Unmut der Parteibasis über die große Koalition zum Ausdruck zu bringen. Von der Bundes–SPÖ war Klubobmann Josef Cap geladen, der sich diesem Unmut aussetzen sollte, um ihn dann natürlich bestmöglich zu besänftigen. Der Andrang zu dieser Konferenz war nicht gering, über 300 FunktionärInnen und einfache Parteimitglieder waren gekommen, um sich Josef Caps Argumente anzuhören.

Doch diese fielen sehr enttäuschend aus. Caps Grundaussage war die, dass es für die Sozialdemokratie besser sei, bei den wichtigen Entscheidungen für die Gesellschaft mitzuverhandeln als nur auf der (Oppositions-) Seite zu stehen. Fragt sich nur, was es für einen Unterschied macht, wenn die arbeitnehmerInnenfeindliche Wendepolitik von den „Roten“ anstatt von den „Schwarzen“ oder „Blauen“ weitergeführt wird.

Denn dass dies der Fall ist, daran ließ die Parteibasis in ihren Wortmeldungen keinerlei Zweifel aufkommen. Es wurde aber neben dem „Umfaller“ bei Studiengebühren und Abfangjägern, dem mehr als mageren Bildungspaket, der Erhöhung der Mineralölsteuer, der Ressortaufteilung, dem fortgesetzten Sparkurs in der Gesundheitspolitik, der Aushöhlung des Lehrlingsschutzes und der Ausweitung der Normalarbeitszeit auch der Umstand kritisiert, dass die jetzige Parteiführung seit ihrem Amtsantritt extrem abgehoben agiert, und sich zum Beispiel in der Person von Gusenbauer vor laufender Kamera zusammen mit Willi Molterer über die Proteste der eigenen Parteijugend lustig macht.

Auffallend an den Wortmeldungen war, dass keine einzige darunter war, die das jetzige Koalitionsabkommen in irgendeiner Art und Weise ernsthaft zu rechtfertigen versuchte. Die Parteibasis ist wirklich zornig und hat offensichtlich andere Perspektiven für ihre Partei, die Partei der Lohnabhängigen, als sie die jetzige Parteiführung hat.

Diese Stimmungslage zeigte sich auch besonders an der Bereitschaft vieler Parteimitglieder, die Initiative „Wir sind SPÖ“ zu unterstützen. So folgte mindestens ein Drittel der KonferenzteilnehmerInnen dem Aufruf von Michael Lindner, dem Vorsitzenden der SJ Oberösterreich, die Plattform zu unterstützen und sich die Partei im Interesse der ArbeitnehmerInnen wieder zurückzuholen. Sie gaben mit ihrer Unterschrift für „Wir sind SPÖ“ ihr Bekenntnis mit ab, dass es so nicht weitergehen kann!

Aber wie soll es weitergehen? Darüber besteht naturgemäß noch große Unsicherheit. So ließ sich in den nachfolgenden Diskussionen, die wir als AktivistInnen der SJ Römerberg und UnterstützerInnen der Funke-Strömung mit vielen KonferenzteilnehmerInnen führten, feststellen, dass zwar schon viele mit der Option einer Minderheitsregierung gedanklich gespielt hatten, aber gleichzeitig zu wenig Vertrauen in die Möglichkeiten des außerparlamentarischen Kampfes haben. Dem Argument der Wahlarithmetik wissen viele noch nichts entgegenzusetzen. Jetzt braucht es eine tiefgreifende inhaltliche Auseinandersetzung über das Programm und die Politik der Partei, um die SPÖ wieder zu einer Partei der Lohnabhängigen zu machen. Zuviel wird momentan nur an den handelnden Personen an der Spitze festgemacht, anstatt die noch immer herrschende Logik der Klassenkooperation und der Sozialpartnerschaft anzugreifen, die jene handelnden Personen erst zu ihren „Schandtaten“ befähigt hatte.

Die gestrige Veranstaltung hat einmal mehr gezeigt, dass momentan die Bedingungen für den Aufbau einer Parteilinken unvergleichlich günstig sind. Große Teile der Parteibasis sind geistig dazu bereit. Jetzt geht es darum, diesem Unmut einen organisierten Ausdruck zu geben und die kritischen und linken Kräfte in der Sozialdemokratie zu vernetzen. Für uns als Sozialistische Jugend geht es darum, unsere Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus zur Grundlage und Inspiration dieser künftigen Parteilinken zu machen. Denn nur dann kann die Parteilinke einen Ausweg aus der Krise der Sozialdemokratie aufzeigen.

Martin Wieland, SJ Römerberg und Gewerkschaftsaktivist


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