Heute wurde Christian Kern vom SPÖ-Parteivorstand als neuer Parteivorsitzender bestätigt (die Entscheidung darüber war schon zuvor in kleinem Kreis getroffen worden) und zum neuen Bundeskanzler angelobt. Das ist eine neue Etappe in der Krise der SPÖ und der Krise der großen Koalition.
Es ist klar: Christian Kern ist der Kandidat, der die Gräben in der Partei zuschütten soll, genauso wie er lebensverlängernd für die Koalition wirken soll. Alle großen Flügel sind in der neuen Regierung vertreten, sowohl solche SozialdemokratInnen, die eine Koalition mit der FPÖ explizit ablehnen als auch befürworten. Für ein kurzes Zeitfenster kann tatsächlich ein wenig Ruhe einkehren – nur um später mit noch größerer Heftigkeit zu explodieren. Christian Kern wird versuchen, so lange es geht auf allen Hochzeiten zu tanzen.
Doch eine solche Ruhe wird nicht lange halten, vielleicht nicht einmal über die Bundespräsidentschaftswahlen hinaus. Die Gräben in der Partei sind so tief, weil der Kapitalismus keinen Weg nach vorne bietet, der Reformismus also ohne Reformen (dafür mit Kürzungen) bleibt und die Zusammenarbeit mit den Bürgerlichen die Partei bis in die kleinste Ortsgruppe hinein zerreibt. Der Reformismus ist gescheitert, und nur ein Kurswechsel der Arbeiterbewegung hin zu einer klassenkämpferischen und sozialistischen Politik auf revolutionärer Basis führt aus dieser Sackgasse heraus.
Ein notwendiger, enorm wichtige Schritt dorthin ist es weiterhin, einen starken linken Flügel in Sozialdemokratie und Gewerkschaft zu organisieren und diese mit den sich bildenden linken Initiativen außerhalb der Sozialdemokratie auf einer Basis des Klassenkampfes zu verknüpfen, um so gesellschaftliche Schlagkraft für die Arbeiterklasse zurück zu erringen und den Widerstand gegen Sozialabbau und die Offensive der UnternehmerInnen zu organisieren. Passiert dies nicht, droht eine Situation, wo letztendlich die ArbeiterInnen ohne politische Organisation, die sie organisiert und repräsentiert zurückbleiben.
Christian Kern ist ein Kandidat des gesellschaftlichen und des Parteiestablishments, der schon seit über einem Jahr als möglicher Ersatz für Werner Faymann aufgebaut wurde. Deswegen setzen wir kein Vertrauen in ihn, diesen Kurswechsel zu vollziehen. Die Aufgabe bleibt es immer noch, nicht einen Kompromiss zwischen Links und Rechts zu finden, sondern einen starken linken Flügel auf Basis eines sozialistischen Programmes aufzubauen. Wir gratulieren deswegen Fiona Kaiser zu ihrer Entscheidung, im SPÖ-Parteivorstand gegen Christian Kern zu stimmen und rufen dazu auf, die Organisierung des Widerstandes gegen die Politik der Regierung und den Kampf um einen organisierten linken Flügel der Arbeiterbewegung weiter zu führen.