COVID-Hilfen. Die Regierung bedient ihre Klientel und schaut genau darauf, dass der soziale Verdrängungswettbewerb in der Arbeiterklasse angeheizt wird. Von Emanuel Tomaselli.

Auf 50 Milliarden € summieren sich COVID-Maßnahmen nach aktuellem Stand, 23 Mrd. € davon wurden bereits vergeben. Zum Vergleich: der Budgetentwurf vor der Krise sah ein Gesamtjahresbudget des Bundes von 82,4 Mrd. vor.

Eine Erhöhung des mageren Arbeitslosengeldes kommt für den Bundeskanzler dabei nicht in Frage, es gebe ja noch offene Arbeitsplätze als Erntehelfer und im Tourismus. Dies ist kein zynischer Ausrutscher des Konzerne-Kanzlers, sondern die Essenz der türkis-grünen Krisenpolitik. Diese Leute schmeißen mit Geld um sich, allerdings schauen sie genau darauf, dass es nur in den Taschen ihresgleichen landet. Schwarz-Grün hofft, dass die Öffentlichkeit dies möglichst nicht durchschaut, ein Plan der bisher weitestgehend aufgeht.

Woher – Wohin?

covid hilfen tabelle

50 Mrd. € hat der Finanzminister nicht, sondern er nimmt es auf den Finanzmärkten auf. Private Finanzinvestoren freuen sich darüber, dass sie ihr Vermögen krisensicher an die Republik verleihen können. Das aufgenommene Geld wird vom Finanzministerium an eine Reihe von bestehenden Institutionen (Arbeitsmarktservice, Wirtschaftskammer, Österreich Tourismus, Agrarmarkt Austria,…), Ministerien oder neugeschaffene Firmen weitergeleitet. Diese pressen das Geld dann in die Wirtschaft.

Die höchste Einzel-Dotierung hat hierbei mit 15 Mrd. € der „Covid-19-Hilfsfonds“, der von der „Cofag“ gemanagt wird. Hier werden Großfirmen serviciert. Der Vorstand der Cofag besteht aus Parteigängern des Kanzlers, daneben gibt es einen Beirat (inkl. Sozialpartner), der bei Zahlungen über 25 Mio. € zustimmen soll (ein Nein dieses Gremiums hätte aber nur aufschiebende Wirkung). Das Finanzministerium rechnet, dass 2020 u.a. 6 Mrd. € an Fixkostenübernahmen von Firmen anfallen. Um diesen Fonds gab es heftige Polemiken zwischen Finanzminister Blümel und der EU, denn hier handelt es sich um maßgeschneiderte staatliche Beihilfen an spezifische Unternehmen, was eigentlich dem EU-Recht widerspricht.

Der „Härtefallfonds“ wiederum ist dazu da, Kleinbetrieben über die Runden zu helfen. Er ist mit 2 Mrd. € dotiert und wird praktischerweise von der Wirtschaftskammer gemanagt.

Für die Kurzarbeitshilfe sind 12 Mrd. € vorgesehen, die über das AMS abgewickelt wird. Dieses Programm läuft bis Ende 2020.

Daneben gibt es eine Reihe an Spezialförderungen: 60 Mio. € steuerliche Entlastungen für Bauern plus Erhöhung der Bauernpensionen rückwirkend ab 1.1.2020. Zusätzlich wurde ein „Forstpaket“ in der Höhe von 350 Mio. € für Waldbesitzer angekündigt, denn diese leiden nicht nur unter COVID, sondern auch unter dem Borkenkäfer, dem Ausbleiben ukrainischer Forstarbeiter und dem allgemeinen Preisverfall von Holz. Die Gastronomie (inkl. Bäcker und Fleischer) spart sich durch die Reduktion der Mehrwertsteuer auf 5 % ca. 500 Mio. € an Steuern. Die Regierung fordert die Wirte auf, diese Einsparung jedenfalls nicht an die Gäste weiterzugeben.

700 Mio. € fließen an NGOs und Vereine, die gemeinnützige, kirchliche, wohltätige, sportliche, kulturelle etc. Aktivitäten organisieren.

Auch Kulturveranstaltungen, Kunstwerke und Druckwerke sollen nur noch mit 5% besteuert werden. Darstellende Künstler wurden wochenlang allein gelassen, sie erkämpften sich einen mit 90 Mio. € dotierten Fonds, der u.a. eine Art Grundeinkommen bis Jahresende beinhaltet.

Durch verbesserte Abschreibe-Möglichkeiten und Investitionsprämien sollen private Unternehmen angestachelt werden, trotz Krise zu investieren, und der Staat selbst macht hier zusätzlich 6,3 Mrd. € locker, wovon vieles als Co-Finanzierungen in den privaten Sektor (Green Energy, Digitalisierung, Wärmesanierungen) fließen soll.

Dagegen gehen nur 200 Mio. € in die digitale Aufrüstung der Schulen – ein winziger Betrag angesichts der manifesten Probleme beim Homeschooling, das jederzeit wieder veranlasst werden könnte.

Und was ist mit den Lohnabhängigen?

Eltern mit Anspruch auf Kinderbeihilfe bekommen einen einmaligen 360 €-Bonus (Gesamtkosten: 600 Mio. €), Arbeitslose einen einmaligen Zuschuss von 450 € (Gesamtkosten: 250 Mio. €), von der Lohnsteuer befreite Niedrigstverdiener eine Einmalzahlung von 100 €. Ansonsten wird ab 2021 Teil eins der seit Jahren versprochenen Lohnsteuerreform umgesetzt. Hier sollen LohnempfängerInnen mit insges. 1,6 Mrd. € entlastet werden. Die Kalkulation hinter diesen Maßnahmen ist rein ökonomisch: Die Regierung erhofft sich, dass diese milden Gaben „sofort in den Konsum fließen“, also helfen die Wirtschaft zu stabilisieren.

Was braucht die Arbeiterklasse?

Die Führungen der Arbeiterbewegung in SPÖ und Gewerkschaften und ihr intellektueller Apparat erfreuen sich an der „wiederentdeckten Rolle des Staates“ in der Wirtschaft. Sie thematisieren, in welche Bereiche man noch mehr staatliches Geld hineinpumpen müsste, und verlangen, dass die Schulden in Zukunft teilweise durch Reichensteuern zurückgezahlt werden müssten. Sie sehen aktuell die Wiedergeburt des Sozialstaates und ergötzen sich an ihrer eigenen staatstragenden Rolle.

Diese Haltung ist erbärmlich. Was gegenwärtig tatsächlich passiert, ist eine Verstaatlichung der Verluste, und die Gewinne bleiben auch in der Krise privat. Die Pierers (KTM), Grafs (Novomatic) und Benkos beziehen im großen Stil öffentliche Gelder und zahlen sich aber weiter Gewinne an sich selbst aus.

Wir brauchen eine Politik, die an den realen sozialen Interessen der Arbeiterklasse ansetzt: Verbot von Entlassungen, Arbeitszeitverkürzung für alle ohne Gehaltsverluste, Offenlegung der Geschäftsbücher aller Firmen, die Entlassungen vornehmen und/oder staatliche Gelder erhalten. Kurzum: Wir brauchen Kontrolle über die Wirtschaft und damit unser Leben.

(Funke Nr. 185/1.7.2020)


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