Die SPÖ bereitet sich darauf vor, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Die Frage der politischen Ausrichtung der Sozialistischen Jugend gewinnt damit an Relevanz: braver Parteinachwuchs oder sozialistische Opposition? Von Martin Halder.

Auf der Basis der tiefen Krise der ÖVP zieht es die SPÖ-Granden unaufhaltsam in Richtung Regierung – wer auch immer Koalitionspartner ist. Doch unter den Bedingungen der kapitalistischen Krise und den Schuldenbergen kann diese kommende Regierung nur eine Regierung im Interesse der Krisenverwaltung und der Sparpakete sein. Daher macht die Parteiführung jetzt schon die Spielräume eng. Mittels politischem und finanziellem Druck soll sichergestellt werden, dass linke, kritische Stimmen einem derartigen Vorhaben nicht im Wege stehen werden.

So diskutiert die SPÖ-Führung in Wien etwa seit geraumer Zeit, ob sie einzelne Räumlichkeiten der Sozialistischen Jugend nicht mehr finanzieren bzw. zur Verfügung stellen sollte. In Simmering hat sich die Bezirkspartei dazu entschieden, nicht mehr den vollen Betrag für die Miete des SJ-Lokals zu übernehmen. Die SJ Simmering hat darauf eine Kampagne zur Gewinnung von Fördermitgliedern gestartet, um das Lokal zu erhalten. Dies ist eine wichtige Initiative: Denn nur finanzielle Unabhängigkeit garantiert auch politische Unabhängigkeit.

Der stärkste Druck trifft die linksten Teile – innerhalb der Sozialistischen Jugend vor allem (aber nicht nur) UnterstützerInnen der revolutionären Funke-Strömung. So wurden in Tirol letztes Jahr 2 Genossen ausgeschlossen, für einen Genossen wurde nach einem Gerichtsprozess der Ausschluss rückgängig gemacht. Die SJ-Bezirksführung in Hernals hat diesen Sommer einem Genossen verboten, weiterhin auf seine Ortsgruppe zu gehen, er müsse sich „zwischen Funke und SJ 17“ entscheiden.

Solche bürokratischen Angriffe widersprechen nicht nur jeder linken oder auch nur demokratischen Methodik, sondern bergen vor allem auch eine große politische Gefahr für die Gesamtorganisation. Jeder politische Angriff gegen die radikale Linke wird letztendlich die gesamte Organisation nach rechts rücken.

Beispiele dafür gibt es viele – von der Säuberung der Linken nach Corbyn in der britischen Labourpartei bis hin zur Geschichte der SJ selbst. So folgte auf den Ausschluss der Vorwärts-Strömung Anfang der 1990er eine weitgehende Entpolitisierung der SJÖ. Diese Situation änderte sich erst Anfang der 2000er, als sich verschiedene Akteure zusammenschlossen, um die Theorie und Politik der SJÖ wieder antikapitalistisch auszurichten. In dieser Zeit wurde auch das Grundsatzprogramm beschlossen. Die Funke-Strömung spielte eine wichtige Rolle in dem Prozess der linken Wende.

Es braucht entschlossenen politischen Widerstand gegen die Versuche der SPÖ-Führung, die Arbeiterbewegung in eine Regierung mit den Bürgerlichen zu manövrieren. Wie das SJ-Grundsatzprogramm selbst festhält:

„Die Kraft der organisierten ArbeiterInnen kann sich jedoch nur entfalten, wenn der politische Einfluss der KlassenversöhnerInnen in der ArbeiterInnenbewegung gebrochen wird. Die SJ sieht ihre Aufgabe darin, gemeinsam mit kämpferischen Teilen der ArbeiterInnenbewegung dafür zu kämpfen, dass Sozialdemokratie und Gewerkschaften wieder der Klasse gehören, von der sie in jahrzehntelangen, bitteren Kämpfen aufgebaut worden sind. Erst auf der Grundlage eines sozialistischen Programms ist die ArbeiterInnenklasse in der Lage, den Kampf für eine Umwälzung der Gesellschaft erfolgreich führen zu können.“

(Funke Nr. 208/25.10.2022)


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