Die Lage der Universitäten ist bitter: Angesichts von Inflation, steigenden Personal- und Betriebskosten etc. fehlen 1,2 Milliarden Euro im Budget. Eine Universitätsangestellte berichtet.

Seit Monaten, als sich die Energieversorgungskrise bereits abzeichnete, weisen RektorInnen der österreichischen Universitäten auf die angespannte Finanzsituation der heimischen Hochschulen hin. Der Ruf an die Regierung und an das Wissenschaftsministeriums lautete: mehr Budget für Universitäten! Zusätzlich wurden an einzelnen Standorten entsprechende Unterstützungszusagen gefordert.

Was für das Bundesheer und die österreichische Unternehmerschaft quasi über Nacht möglich ist (wir erinnern: das BH-Budget soll bis 2026 nahezu verdoppelt werden – auf insgesamt 5,25 Mrd. Euro.), sollte schließlich auch für das Bildungssystem, insbesondere die Hochschulen als gepriesene „Innovationsstätten für den Wirtschaftsstandort“ (WiFo), möglich sein. Falsch gedacht! Wie auch im Gesundheits- und Sozialbereich ist die Regierung keinesfalls gewillt, die bestehenden staatlichen (Hoch-)Schulstrukturen adäquat zu finanzieren.

Die für November geplanten Gehaltsverhandlungen werden nun sowohl von der Belegschaft als auch von den Rektoraten und der Regierung mit Spannung erwartet. Während die Universitätsangestellten, deren KV-Grundgehälter oft niedrig sind, auf ein hohes Lohnplus zur Abfederung der Inflation hoffen, spekulieren die Rektorate (als Finanzverwalter) auf einen niedrigen Abschluss (manche um die 6%), um das Budgetloch nicht weiter zu vergrößern.

Die Toleranzgrenze der Universitätsangestellten ist ohnehin schon niedrig. Während der COVID-Pandemie wurde eine rasche Anpassung der Arbeitsverhältnisse (Emergency Online Lehre, Homeoffice) verlangt und umgesetzt, aber selten entgolten. Nun soll das niedrige Gehaltsniveau weiter durch die Inflation weggefressen werden, wie Politik und die Verwaltung hoffen. Auch Aussendungen der Rektorate bezüglich konkreter Einsparungsmaßnahmen (Raumtemperatur in den Arbeitsräumen auf 19 Grad, Heizbeginn der TU Wien soll so lange wie möglich hinausgezögert werden, die Lehrenden werden auf Online-Unterricht eingestellt – nicht (nur) wegen Covid, sondern aus Kostengründen!) kühlen die Gemüter nicht ab, sondern heizen die Stimmung weiter an.

Die Lage ist so trist, dass die Universität Wien einen Ausschreibungsstopp bis Februar verhängt hat, der auf ein bis zwei Jahre verlängert werden könnte. Hinter der Floskel „Personal soll nicht nachbesetzt werden“ des Rektors verbirgt sich ein verschleierter Tritt auf die schwächsten Glieder an den Universitäten: Dies trifft vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in prekären Beschäftigungsverhältnissen, also befristete ProjektmitarbeiterInnen, TutorInnen, DoktorandInnen, usw., also gerade jene, die den Lohn und eine Entfristung am dringendsten benötigen würden.

Die zynische Budgetrede des Finanzministers entfacht weiter die Gemüter: Ein Zusatzbudget für Unis wurde kürzlich ausverhandelt, die Universitäten erhalten 500 Millionen. Angesichts der zu erwartenden Kostensteigerungen wird dies weniger als die Hälfte der erwarteten Kosten der nächsten beiden Jahre abdecken. Konkret heißt das, dass massenhaft qualifizierte Stellen an den Unis nicht nachbesetzt werden können. Alleine für die TU Wien prognostiziert die Rektorin, dass in den nächsten zwei Jahren 500 Arbeitsplätze wegfallen werden.

Selbst wenn das gesamte Budgetloch, die veranschlagten 1,2 Milliarden, abgegolten würde, wäre es mit Müh und Not möglich, den derzeitigen Standard in der Forschung und Lehre zu halten – vorausgesetzt die Teuerung pendelt sich auf dem gegenwärtigen Niveau ein und die Gehaltserhöhungen fallen für die Rektorate nicht allzu schlimm aus. Von Investitionen kann dann noch gar nicht geredet werden. Unter den derzeitigen Umständen steht allerdings der universitäre Betrieb überhaupt in Frage.

Stromintensive Einrichtungen wie Labore oder Rechenzentren werden den Betrieb ganz oder teilweise einstellen müssen, einzelne Gebäude werden nicht mehr betrieben werden können, und es ist fraglich, ob die Lehre überhaupt ohne Unterbrechungen stattfinden wird können.

Bildungs- und Wissenschaftsminister Polaschek verbreitet also puren Zynismus, wenn er sagt, dass das Extra-Budget trotzdem genügend Möglichkeiten vor allem für den wissenschaftlichen Nachwuchs bietet. Die Schuld an der Finanznot schreibt er den Universitäten selbst zu, die dies angeblich zu spät gemeldet haben sollen.

Der Kampf gegen zu niedrige Löhne, Teuerung und schlechte Arbeitsbedingungen betrifft Uni-Angestellte und Studierende gleichermaßen. Beide Gruppen sitzen im selben Boot und sowohl die Studienbedingungen wie auch die Arbeitsbedingungen werden seit Jahren permanent angegriffen und ausgehöhlt. Mit Bittstellerei an die Regierung völlig egal welcher Couleur (Sigi Maurer, immerhin ehemalige ÖH-Vorsitzende während der „Uni Brennt“-Protestbewegung, macht heute bildungsfeindliche Politik für die Konzerne) wird man aber nicht weit kommen. Was es braucht, ist ein gemeinsamer, gesamthafter Kampf – als Teil einer allgemeinen Offensive der Arbeiterklasse, wie sie auch in der gegenwärtigen Lohnrunde bei den Metallern, Eisenbahnern, im Sozialbereich usw. angelegt und überfällig ist.

(Funke Nr. 208/25.10.2022)


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