Aktuell belegt die FPÖ in diversen Wahlumfragen immer wieder Platz 1 mit ca. 25-28% je nach Umfrage. Dahinter oder knapp gleichauf rangiert die SPÖ. Die ÖVP ist mit 22% so die drittstärkste Partei, obwohl diese bei der Nationalratswahl 2019 deutlich geführt hat. Wie konnte es zu so einem Ergebnis kommen und was bedeutet es für die Arbeiterbewegung? Von Ian Gladilin.

Vor fast vier Jahren stürzte die Freiheitliche Partei, nach dem Ende ihrer Koalition mit der ÖVP, in eine tiefe Krise. Sie hatte sich in der schwarz-blauen Regierungsbeteiligung die Finger verbrannt, als sie Ansprüche auf die Kontrolle des Innenministeriums – ein direkter Machtbereich der ÖVP – stellte. Die ÖVP ließ sie daraufhin an Korruptionsskandalen ins Messer laufen: Durch die Ibiza Affäre war Strache gezwungen sich von der Partei abzuspalten. Das Ereignis stellte die Glaubwürdigkeit der Partei in der Öffentlichkeit stark in Frage. Aber letztendlich war die Ersetzung Straches mit einem neuen Parteiobmann auch ein Vorteil für die Partei.

So konnte sich nach einem parteiinternen Flügelkampf Herbert Kickl gegen Norbert Hofer durchsetzen. Hofers Flügel war der gemäßigtere, der die Regierungsbeteiligung anstrebte. Kickl hingegen stand für die Regeneration der FPÖ in der Opposition. Er schaffte es auch geschickt, die Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen auszunutzen und sich als einer ihrer Führer zu positionieren. Es gelang der FPÖ auch mittlerweile, die kleinen rechten regierungskritischen Parteien wie die MFG wieder zu verdrängen, welche wie die Freiheitlichen den gesellschaftlichen Unmut ausnutzen wollten.

Die Freiheitliche Partei ist die einzig sichtbare Partei, die sich klar gegen die jetzige Regierung stellt. Sie bieten ein Ventil für die Wut und Verzweiflung der Massen, natürlich ohne wirkliche Lösungen für die Gründe dieser berechtigten Wut zu bieten.

Ist nun eine nächste Regierungsbeteiligung der FPÖ wahrscheinlich? Das Kapital will Stabilität, die Partei ist in dieser Hinsicht aber unberechenbar – und zwar als einzige der großen Parteien. Also wohl eher nicht. Dennoch kann man eine fast-30%-Partei nicht prinzipiell ausschließen.

Doch anders als von manchen Linken geglaubt wird, wäre eine FPÖ-Regierung kein Zeichen für einen kommenden Faschismus. Die FPÖ strebt nicht den Faschismus an. Sie ist eine reaktionäre und rassistische, aber dennoch bürgerliche Partei. Ihr Ziel ist nicht die Beseitigung der Demokratie, sondern innerhalb der bürgerlichen Demokratie ihre eigenen Interessen und die des Kapitals durchzusetzen, ihren Einfluss auszuweiten und sich persönlich zu bereichern.

Das Erfolgsgeheimnis der FPÖ ist die Alternativlosigkeit: Weil niemand die sozialen Probleme der Arbeiterklasse überzeugend aufgreift, können sie mir ihrer Demagogie und rassistischer Sündenbock-Politik punkten. Eine klassenkämpferische Alternative würde die FPÖ schnell entzaubern. Das wäre die Aufgabe der Arbeiterbewegung, allen voran der SPÖ. Doch die SPÖ vertritt ein bürgerliches Programm, das in keiner Frage die Profitinteressen der Kapitalisten herausfordert. Die Arbeiterbewegung braucht ein sozialistisches Programm, das sich auf Klassenkampf statt auf Kompromisse stützt. Für genau solch ein Programm kämpfen wir in der Arbeiterbewegung.

(Funke Nr. 210/19.1.2023)


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