Die Wahlen zum Landtag brachten das nächste politische Erdbeben: ÖVP und SPÖ erreichen ihre historisch jeweils schlechtesten Ergebnisse. Die Grünen verlieren leicht, die NEOS fallen aus der Landesregierung in die außerparlamentarische Sphäre. Die FPÖ erreicht einen neuen historischen Höchststand. Klare Wahlsiegerin ist die KPÖ-Plus: sie vereinunddreißigfacht ihren Stimmenanteil. Ein Kommentar von Emanuel Tomaselli.

Dieses Wahlergebnis ist Ausdruck der zunehmenden Krise und des Drucks auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse. „Es herrscht etwas Verunsicherung in der Bevölkerung, obwohl das Land wirtschaftlich gut dasteht“, erklärt ÖVP-Patriarch, Landeshauptmann Haslauer, das Wahlergebnis. In seinen gehobenen gesellschaftlichen Kreisen, die tatsächlich keine Krise kennen, kann er das Wahlvolk nicht mehr hören. Zwei Drittel der Bevölkerung sagen, dass die Politik die Alltagssorgen nicht verstehen würden. 84% sagen auch, dass man sich das Leben in Salzburg immer schwerer leisten kann, so das Umfrageinstitut SORA. Doch Haslauers Partei vertritt politisch letztendlich jene Wenigen, die von der Teuerung profitieren (Seite 4). Dieser Spagat wird immer unüberbrückbarer.

Die politische „Mitte“ ist der politische Ausdruck sozialer Stabilität und der „Zusammenarbeit“ von Kapital und Arbeit. Diese Mitte schmilzt noch schneller als die Gletscher in der Klimakrise.

Wenn SPÖ-Bundesgeschäftsführer Deutsch nach Salzburg stur weiter behauptet „man gewinnt Wahlen in der Mitte“ bringt er die Sackgasse der SPÖ auf den Punkt. Die SPÖ bewegt sich in einem politischen Niemandsland (Filzmayer). 2003 erreichen SPÖ (45,4%) und ÖVP (37,9%) gemeinsam 83,3% der Wählerstimmen, zwanzig Jahre später sind es noch 48,5%. Die Grünen wollen die Retter der Stabilität sein. Sie appellieren jetzt für eine „Koalition der Mitte“ von ÖVP, SPÖ und Grünen, ein Bollwerk gegen den „Extremismus“ von links und rechts.

Wir sehen bestätigt, was wir seit Jahren sagen: Die Polarisierung nach rechts ist nicht der Weg in den Faschismus, sondern geht nur einer Polarisierung nach Links voran. Wir sind inmitten dieses Prozesses.

Die Glaubwürdigkeit in die Politik im Allgemeinen ist extrem tief. Die KPÖ sticht hier positiv heraus. Sie kündigt an, mit dem Druck der Bevölkerung die Durchsetzung ihrer Wahlversprechen voranzutreiben. In den letzten Jahren erlangte sie dabei vor allem in Salzburg-Stadt Glaubwürdigkeit, indem sie etwa Demos zum Pflegenotstand organisierte und konstant gegen Wohnungsnotstand kampagnisierte. Nach dem Wahlsieg der KPÖ in Graz im Jahr 2021 betonten wir, dass es sich beim Wahlsieg von Elke Kahr um kein lokales Ereignis eines über Jahrzehnte vor Ort erarbeiteten Phänomens handelt, sondern um einen Ausdruck eines tieferen Prozesses in der Arbeiterklasse. Einer klassenkämpferischen bundesweiten Wahlkampagne wäre der Erfolg gewiss, argumentierten wir damals.

Diese Perspektive verdichtet sich nach Salzburg. Gleichzeitig wird die Dauerkrise in der SPÖ in Form eines hart geführten politischen Streits um den Vorsitz ausgetragen. Der linke Kandidat Andi Babler versammelt klar die Mehrheit der SPÖ-AktivistInnen um sich.

SPÖ-Konflikt, die Wahlsiege der KPÖ, die Zunahme an Streiks und Kämpfe in der Jugend zeigen an: In der österreichischen Arbeiterbewegung bricht eine neue Zeit an. Die Arbeiterklasse sucht und schafft sich dabei politische Werkzeuge, um die Zumutungen des Krisenkapitalismus zu beantworten.

Wir begrüßen alle Fortschritte im Klassenkampf – für eine Offensive gegen die Bürgerlichen – für Sozialismus zu unseren Lebzeiten!

(23.4.2023, 22:50)


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