In völliger Ignoranz der Wahlergebnisse erzwingt ein von niemandem gewählter Finanzdirektor in der Stadt Graz ein Sparpaket. Die Bürgerlichen wollen die KPÖ-geführte Reformregierung ins Messer laufen lassen. Christoph Pechtl argumentiert dafür, dieses Spardiktat nicht kampflos zu akzeptieren.
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Unter dem Druck der Bürgerlichen und des Schuldenbergs der schwarz-blauen Vorgängerregierung, platzte das Budget der von der KPÖ geführten Stadtregierung in Graz. Nun wurde ein von den Bürgerlichen diktiertes Nachtragsbudget vorgelegt.
Den finanziellen Scherbenhaufen von Graz hat vor allem die ÖVP zu verantworten, die 18 Jahre lang den Bürgermeister der steirischen Landeshauptstadt stellte. Im Zentrum der Schuldenanhäufung von 1,6 Mrd. Euro, die die Stadt an den Rand des Bankrotts zu treiben droht, steht die Holding Graz GmbH, an die die kommunalen Dienstleistungen ausgelagert wurden. Eine wirksame Kontrolle der privatrechtlich geführten Unternehmen durch die Stadt ist de facto unmöglich. Allerlei Skandale der ÖVP rund um undurchsichtige Transaktionen zwischen der Stadt und der Holding, Postenschacher und Freunderlwirtschaft legen nahe, dass hier Profite privatisiert, die Kosten jedoch der Allgemeinheit aufgehalst werden.
Der Konflikt mit den Bürgerlichen, wer für diese Schulden zahlt sowie über die Zukunft der kommunalen Dienstleistungen, ist unvermeidbar. Dennoch gab die KPÖ zentrale Teile des Wahlprogramms auf, wie die Rekommunalisierung der Holding Graz, um den Weg zur Koalition mit SPÖ und Grünen freizumachen. Sie hoffte Reformen durch Zahlenspiele im Budget zu finanzieren.
Dies nutzten die Bürgerlichen eiskalt aus. Unter dem Druck der Medien, der ÖVP und des Staatsapparats zerbrach das Budget der KPÖ-geführten Stadtregierung. Der Stadtrechnungshof, der de facto mit einem Putsch der Regierung drohte, setzt nun auf den neuen Finanzdirektor Johannes Müller, der die Stadtregierung zur Aufgabe ihrer Reformagenda und zu Einsparungen zwingen soll.
Die Folgen der Kompromisslogik
Auch die KPÖ ordnet sich diesem Diktat unter, um andere Teile ihres Programmes, wie den Bau neuer Gemeindewohnungen, zu retten. So bedankte sie sich für die „Hilfe“ des neuen Finanzdirektors, der neue mächtige Mann in der Stadtregierung. Bei der Vorstellung des Nachtragsbudgets erklärte sie, dass die Liquidität der Stadt aufgrund der durch die Inflation gesteigerten Steuereinnahmen kurzfristig gesichert sei. Die Konkretisierung der kommenden „Konsolidierungsmaßnahmen“ wurde jedoch auf den Sommer vertagt. Dennoch gibt es bereits Umrisse der drohenden Sparpolitik.
Einsparungen in den Bereichen Soziales, Jugend und Familie sowie eine Ausdünnung der kommunalen Dienste stehen auf der Tagesordnung. Bereits im letzten Jahr wurden aus der Substanz der Holding Graz die Schulden des öffentlichen Verkehrs finanziert. Dieser Kurs soll nun auf weitere Bereiche wie Stadtraum, Abfall und Abwasser ausgeweitet werden, bei denen die KPÖ 46 Mio. Euro in den nächsten Jahren einsparen möchte. Im gleichen Sinn sollen „Kostensenkungen“ in den anderen Beteiligungen durchgeführt werden. Das alles wird auch zu einem steigenden Druck auf die Gemeindebediensteten führen, die schon jetzt unter Personalmangel leiden.
Für eine klassenkämpferische Arbeiterpartei
Der Versuch der KPÖ, ihre Reformagenda ohne Kampf durchzusetzen, führt in der Praxis zur Aufgabe der Reformen und zu einer Unterordnung gegenüber den Bürgerlichen. So manövriert sie sich direkt in die Sparkatstrophe, bei gleichzeitiger Verschleierung der kommenden Austerität. Um diese zu verhindern, braucht es eine Kampagne gegen das Spardiktat der Bürgerlichen und für die Rekommunalisierung der Holding Graz unter Arbeiterkontrolle. Der Rückhalt der Holding-ArbeiterInnen und der Bevölkerung kann dafür nur gewonnen werden, indem man ehrlich erklärt, was ist. Statt über die Probleme zu schweigen und sich für die Angriffe der Bürgerlichen zu bedanken, muss die KPÖ offenlegen, wie Privatisierung und Freunderlwirtschaft zur jetzigen Misere der Stadt geführt haben. In den Worten Lenins: „Ihr seid verpflichtet, ihnen die bittere Wahrheit zu sagen.”
In der SPÖ ist der pro-bürgerliche Kurs schwer unter Druck. Auch Grazer SPÖ-Mandatare stellen sich offen auf die Seite von Andreas Babler, den Kandidaten der Parteilinken. Dies sind hervorragende Voraussetzungen, um gemeinsam mit der SPÖ-Linken in die Offensive zu gehen und dem Spardiktat der Bürgerlichen und deren Staatsapparat gemeinsam die Stirn zu bieten. Nutzen wir die Chance, um eine linke Trendumkehr in der Arbeiterbewegung zu konkretisieren und zu festigen!
(Funke Nr. 213/24.4.2023)