Beim jüngsten Verbandsvorstand der Sozialistischen Jugend Österreich stellte die SJ Vorarlberg einen Antrag, in dem es darum geht, in welchem Verhältnis die SJ zur Bundespartei steht und wie sie deshalb auf dem kommenden Bundesparteitag und bereits in dessen Vorbereitungsphase agieren sollte. Der Antrag wurde mit nur einer Gegenstimme (der Delegierte aus Vorarlberg) abgelehnt. Wir wollen ihn hier aber einer größeren LeserInnenschaft vorlegen und zur Diskussion stellen.

Antrag der SJ Vorarlberg an den Verbandsvorstand der SJÖ

am 14. Juni 2008 in St. Pölten

Das miserable Wahlergebnis der SPÖ in Tirol hat einmal mehr bestätigt, was schon seit langem klar ist: Die Große Koalition ist das reinste Gift für die Sozialdemokratie. Immer mehr Menschen wenden sich von unserer Partei ab, kaum jemand hat noch vertrauen in sie. Vor allem an der Parteibasis ist die Frustration groß.

Dies liegt vor allem am Unverständnis der Parteiführung gegenüber den Entwicklungen in Österreich. Dieses Unverständnis äußert sich vor allem darin, dass sie nach wie vor auf die Sozialpartnerschaft setzt, die schon seit Jahren de facto tot ist und den Bürgerlichen nur noch als Feigenblatt ihrer Konterreformen dient. In ihrem Misstrauen gegenüber der ArbeiterInnenklasse und ihrer Angst, die Bürgerlichen zu verschrecken stimmt die SP-Führung lieber dem Angriff der Bourgeoisie zu als auch nur zu den zahmsten Kampfmaßnahmen zu greifen. Nur so lassen sich die völlig korrupten Standpunkte der Sozialdemokratie bei der neuen Gesundheits- und Pensionsreform sowie der Steuerpolitik und dem Stiftungsrecht verstehen.

Viele Parteimitglieder an der Basis wollen eine andere Politik. Genau aus diesem Grund muss der kommende Parteitag unter dem Zeichen einer grundlegenden Umorientierung der Sozialdemokratie stattfinden. Um den Wünschen und Ansichten der Parteibasis gerecht zu werden, muss dieser Parteitag allerdings so demokratisch wie nur möglich ablaufen. Denn geht es nach den Wünschen einiger Landesparteivorsitzenden und höheren FunktionärInnen, so soll höchstens das Gesicht an der Parteispitze ausgetauscht werden, der Inhalt aber der selbe bleiben. Sie alle sind aufgrund ihres ideologischen Verfalls unfähig, die aktuellen ökonomischen und sozialen Entwicklungen in Österreich zu verstehen, machen in ihrem eigenen Wirkungskreis selbst rechte Politik und verfolgen hauptsächlich ihre eigenen Partikularinteressen, nicht aber jene der gesamten Partei, geschweige denn der ArbeiterInnenklasse. Wie es derzeit aussieht, werden der Wiener Bürgermeister und die Kronen Zeitung bestimmen, wer den nächsten Parteivorsitz übernimmt. Dies gilt es zu verhindern!

Aus diesem Grunde spricht sich die Sozialistische Jugend für einen demokratischen Parteitag aus, an dem kontroversielle Diskussionen ihren Platz haben und der nicht nur eine Farce darstellt, die in Wirklichkeit nur zur Absegnung dessen dient, was sich die abgehobenen Damen und Herren der Partei im Vorhinein ausgeschnapst haben.

Alleine schon deshalb, weil Gusenbauer die rechte Politik in der SPÖ repräsentiert, ist es für die SJ essentiell, dass sie für seine Abwahl plädiert – ebenso wie für das sofortige Ende der Großen Koalition und der Sozialpartnerschaft. Kritik an ihm alleine ist aber zu wenig. Wir dürfen nicht vergessen, dass all die Landes-Chefs, die sich heute gerne dabei sehen, wie sie in den Medien Kritik ausüben, noch vor geraumer Zeit brav für das Koalitionspapier gestimmt haben. Sie alle sind für den heutigen Zustand der SPÖ verantwortlich.

Darum ist die einzige Lösung eine prinzipiell andere Politik, eine ideologische Umorientierung der Partei hin zu einer kämpferischen Kraft der ArbeitnehmerInnen. Diese Erneuerung kann nur dann wirklich stattfinden, wenn wir als SJ die Verantwortung wahrnehmen, die Diskussion über eine Erneuerung in die Betriebe, Schulen und Universitäten zu tragen und unsere Ideen mit allen Mitteln einer breiten Öffentlichkeit sichtbar machen. Um dies zu erreichen, soll die SJ am Bundesparteitag auch eineN Kandidaten/in der „Opposition“ als Kontrapunkt zu jenem Kandidaten ins Rennen schicken, den uns die Parteibürokratie am Bundesparteitag präsentieren wird.

Der Verbandsvorstand der SJÖ beschließt darum, am Bundesparteitag

-für eine Abwahl von Alfred Gusenbauer einzutreten
-einen Antrag zum Austritt aus der Großen Koalition und zur Bildung einer Minderheitsregierung zu stellen
-einen Antrag zu stellen, in dem die Sozialpartnerschaft als Politik der Sozialdemokratie abgelehnt und eine kämpferische Politik gefordert wird
-die bisherige Linie der SPÖ zu kritisieren und die Ideen der SJ einzubringen


Dazu dient unter anderem, dass die SJ am Bundesparteitag

-eineN Gegenkandidaten/in zum Kandidaten des Parteiestablishements präsentiert

und bereits im Vorhinein

-die Diskussion zur Erneuerung der Partei und des Aufbaus einer starken Linken Kraft in die Schulen, Betriebe und Unis trägt.


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