Which Side Are You On? ist eines der bekanntesten englischsprachigen Arbeiterlieder. Entstanden ist 1931 es aus dem Kohlearbeiterstreik in Kentucky, und verfasst wurde es von Florence Reece.
Florence war 1900 in Tennessee im kleinen Bergarbeiterstädtchen Sharps Chapel geboren worden. Sie war eine der Abermillionen Menschen, die von der Großen Depression 1929 in die Armut gestürzt wurden. Als 1931-1932 der Kampf tausender Bergarbeiter und ihrer Familien gegen eine geplante Lohnkürzung von 10% in den Kohleminen von Harlan County, Kentucky, ausbrach, lebte Florence dort mit ihrem Ehemann, dem linken Gewerkschafter Sam Reese zusammen.
Die Polizei bekannte sich damals in den Worten des Sheriffs J. H. Blair offen dazu, das Machtinstrument der Unternehmer zu sein: „Ich habe alles in meiner Macht stehende getan, um den Minenbetreibern zu Diensten zu sein... Als die ‚Roten‘ nach Harlan County gekommen waren und das Land von Arbeiterunruhen durchzogen wurde, konnte es keine Kompromisse mehr geben.“ Mit den „Roten“ war die radikalere der Gewerkschaften gemeint, in der Florence mit Sam aktiv war. So kam es im Mai 1931 zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen den Streikenden und der Polizei, in deren Folge die Polizei in die Wohnung, in der Florence mit Sam und ihren sieben Kindern wohnte, polizeilich durchsucht wurde. Unter dem unmittelbaren Eindruck dieses Ereignisses schrieb Florence das Lied „Which Side Are You On?“ – Auf welcher Seite stehst du?
In Harlan County, so heißt es in dem Lied, gibt es keine Neutralität mehr – man ist entweder GewerkschafterIn oder macht die schmutzige Arbeit für J. H. Blair. Damit drückt Florence perfekt die politische Situation aus, die sich in der Krise entwickelt. In Harlan County hatte die Polizei offen die Rolle eines Werkschutzes für die Bosse übernommen. J. H. Blair als Chef der bewaffneten Staatsgewalt war zu einem Gangsterboss verkommen und ging brutal auf die ArbeiterInnen los.
Florence blieb mit bis zu ihrem Tod im Jahre 1986 eine überzeugte Gewerkschafterin und nutzte das Lied bis zum Schluss zur Agitation. Zur Zeit ihres Todes war das besonders wichtig, denn das Lied könnte nicht klarer in der Feststellung sein, dass es letztendlich keinen „Ausgleich“ zwischen Kapital und Arbeit geben kann, dass der Staat nicht neutral ist – sondern dass man sich entscheiden muss, auf welcher Seite man steht. Mit dieser prinzipienfesten politischen Haltung war sie im reformistischen Klima der 1980er Jahre in einer kleinen Minderheit. Doch gerade deswegen erfreute und erfreut es sich auch einer anhaltenden Beliebtheit bei denjenigen, die tatsächlich um ihre Rechte und gegen die Bosse kämpfen. Und würde Florence Reese heute noch leben, dann dürfte sie mit uns erleben, dass die Position, die sie ihr Leben lang verteidigt hat, beginnt, sich einen Weg ins Bewusstsein der Massen in den USA zu bahnen.