Jewgenija Bogdanowna Bosch (geborene Maisch) wurde am 23. August 1879 in der Ukraine, die damals zum russischen Zarenreich gehörte, geboren. Ihr Vater war Gutsbesitzer, ihre Mutter eine ukrainische Adelige.
Als sie 16 Jahre alt war, weigerte sie sich, eine von ihren Eltern arrangierte Ehe einzugehen, und heiratete den Handwerker und Kleinunternehmer Pjotr Bosch. Nachdem sie bereits 1901 der SDAPR und 1903 den Bolschewiki beigetreten war, ließ sie sich 1907 von ihrem Ehemann scheiden und zog mit ihren Kindern nach Kiew, wo sie als Berufsrevolutionärin für die damals illegalen Bolschewiki tätig war. Nachdem 1910 ein Großteil der Kiewer Bolschewiki verhaftet wurde, kämpfte Bosch dafür, die revolutionäre Bewegung trotz der Repression am Leben zu erhalten.
1912 wurde sie verhaftet und nach Sibirien ins Exil geschickt, von wo aus ihr über Japan und die USA die Flucht in die Schweiz gelang. Dort nahm sie 1915 an der Parteikonferenz von Bern teil, auf der sie in verschiedenen Fragen in Opposition zu Lenin statt. Nach der Februarrevolution 1917 glaubte sie, dass die Arbeiterklasse im Zarenreich noch zu schwach und unterentwickelt sei, um die Sozialistische Revolution durchzuführen. Nach der Verkündung der Aprilthesen änderte sie jedoch ihre Ansichten und wurde zu einer der größten UnterstützerInnen Lenins.
Nach der Etablierung der Provisorischen Regierung kehrte sie nach Kiew zurück. Ab April 1917 war sie Vorsitzende des Gebietskomitees der SDAPR von Kiew und der Südwestregion. Sie erwies sich dort als sehr fähige und beliebte Agitatorin. Bosch nahm dann als Delegierte an der VII. Allrussischen Konferenz und dem VI. Parteitag der SDAPR teil. Den bewaffneten Aufstand gegen die Provisorische Regierung unterstützte sie und trat für die Herrschaft der Sowjetmacht ein. Im Dezember 1917 wurde sie auf dem I. Allukrainischen Sowjetkongress zum Mitglied des Zentralexekutivkomitees der Ukraine gewählt. Sie gehörte der ersten Sowjetregierung der Ukraine als Volkssekretärin für Innere Angelegenheiten an und kämpfte als Kommandierende einer roten Armeeeinheit gegen die Kräfte der Konterrevolution. Auf dem ukrainischen Kongress der Kleinbauern und Landarbeiter im Jänner 1918 verkündete sie entschlossen: „Der Kampf muss mit der Machtübernahme der Arbeiterklasse enden, so wie in Russland […] Wir müssen weitermachen, dürfen nicht stoppen und müssen letztendlich den Kapitalismus ersticken!“
Den im März 1918 geschlossenen Frieden von Brest-Litowsk, der unter den Bolschewiki umstritten war, lehnte Bosch ab, da Teile der Westukraine im Zuge des Vertrages an Deutschland fielen. Daher schloss sie sich den Verbänden der Roten Armee unter Wladimir Antonow-Owsejenko an, die einen Partisanenkrieg gegen die deutsche Armee führten. Nach seinem Scheitern verließ Bosch, die als Folge der Kriegsbedingungen an Tuberkulose und einer Herzerkrankung litt, die Ukraine und bekleidete verschiedene administrative und militärische Ämter in Moskau. Trotz ihres schlechten Gesundheitszustandes widmete sich die engagierte Revolutionärin in den letzten Jahren ihres Lebens dem Kampf gegen die Bürokratie in der jungen Sowjetunion. So stellte sie sich auf die Seite Trotzkis und war eine der UnterzeichnerInnen der Erklärung der 46, in der gegen die Politik der Führung um Stalin und die Zustände in Partei und Staat protestiert wurde. Doch war sie aufgrund ihrer Erkrankungen leider zu schwach, diesen Kampf weiterzuführen, und beging am 5. Januar 1925 Selbstmord.
von Daniel Ghamini