Kollektivverträge garantieren vieles, was uns normal scheint, und die Unternehmer im Metallbereich greifen sie direkt an. Höchste Zeit für eine hart geführte Streikbewegung, argumentiert Emanuel Tomaselli.
13 und 14. Monatsgehalt, Lohnerhöhungen, Zuschläge, freie Tage wie der 31.12. oder für die Hochzeit (in der Metallindustrie), Kündigungsfristen, Arbeitszeitmodelle,… all das gibt es nur, weil wir es in Kollektivverträgen erkämpft haben. Und diese Rechte sind den Unternehmern ein Dorn im Auge.
Die Unternehmer spüren den Rückenwind der Bundesregierung und baut auf eine Schwäche der Gewerkschaftsbewegung. Sie haben sich daher entscheiden, dass die Zeit reif ist, die Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter massiv zu erhöhen. Seit Jahren wollen sie mehr Entscheidungsfreiheit in den Betrieben, weil sie – zu Recht – davon ausgehen, dass sie den einzelnen Arbeiter oder den einzelnen Betriebsrat leichter erpressen könnten. Dem müssen wir die Solidarität entgegen halten, und die Kollektivverträge sind der stärkste Ausdruck davon.
Lassen wir den Unternehmer-Vertreter Knill für sich und seinesgleichen reden. Im Ö1-Morgenjournal vom 5.11. sagt er: „Die Gewerkschaft wird alleine nicht viel ausrichten können. Entscheidend ist wie stark sie Mitarbeiter mobilisieren können. Und da gehen wir schon sehr stark davon aus, dass die Vernunft siegen wird und dass die Mitarbeiter schon verstehen, dass ein solches Paket nicht machbar ist. Das wird unangenehm, aber noch unangenehmer ist die Überforderung durch das Beschädigungspaket der Gewerkschaften, das wir nicht zulassen werden.“
Beschädigungspaket?
Nur ein Arbeiter mit der Mentalität eines Lohnsklaven kann die Forderungen der Gewerkschaft als Beschädigungspaket verstehen. 5 % mehr Lohn, ein Recht auf selbstbestimmte Freizeit, doppelter Lohn ab der 10. Arbeitsstunde und eine 15-Minütige bezahlte Pause nach 10 Stunden Arbeit, 6 Urlaubswochen nach 25 Jahren ununterbrochener Arbeit, das Recht auf ein langes Wochenende nach 48 Stunden arbeiten? Das ist nicht übertrieben, sondern schon zu wenig, wenn es darum geht, halbwegs unbeschädigt das Arbeitsleben zu überleben! Wir dürfen uns nicht täuschen lassen. Sie wollen uns völlig entrechten, um uns auszupressen wie Zitronen. Sie wollen „dankbare Mitarbeiter“ (Unternehmer-Chefverhandler Collini) schaffen, also rechtlose Lohnsklaven, die sich alles im Personalbüro erbetteln müssen.
Die Metall-Unternehmer fühlen sich so stark, weil die Gewerkschaften seit Jahren nicht dazu aufgerufen haben, die Arbeit niederzulegen. Selbst im Jahr 2011 wurde nach einer starken Warnstreikbewegung das Verhandlungsziel von 5,5% Lohnerhöhung in letzter Sekunde in einer nächtlichen Verhandlungslösung in der Wirtschaftskammer geopfert. Die Chefverhandler haben eine Position der Stärke kampflos aufgegeben, denn erinnern wir uns zurück, der Warnstreik war ein viel größerer Erfolg als man es sich selbst in der Zentrale der Pro-Ge erwartet hatte. Selbst in Betrieben wie der Böhler-Uddeholm in Kapfenberg, wo der Betriebsrat im letzten Moment kalte Füße bekommen hat und den Warnstreik abgesagt hat, haben die Kollegen selbstständig, mitten unter der Frühschicht, in einer Halle nach der anderen die Maschinen runtergefahren, um für das gemeinsame Ziel zu kämpfen. Diese Steilvorlage wurde von den „Oberen“ in den Räumen der Wirtschaftskammer nicht verwertet, und seither sind die Unternehmer am Drücker.
Es stimmt, dass die VerhandlerInnen der Gewerkschaft Pro-Ge und GPA-djp zähen Widerstand geleistet haben, aber sie setzten nicht auf die Kraft der ArbeiterInnen. Der Metaller-KV wurde in den letzten Jahren in fünf Verträge aufgesplittert und hohe Lohnabschlüsse wurden nicht mehr anvisiert. Mittlerweile sind Betriebsratskonferenzen, Fotoaktionen und Betriebsversammlungen notwendige Routine, um den aggressiven Unternehmer irgendetwas entgegenzusetzen, aber für viele KollegInnen zur leeren Routine geworden. Daher taten sich jene Betriebsräte, die weiter treu zum Kollektivvertrag und solidarischer Aktivität stehen, heuer schwer in den Hallen den Ernst der Lage zu vermitteln. Und auch das müssen wir uns eingestehen: es sind weniger Betriebsräte, die hinter der gemeinsamen Sache stehen. Seit der letzten großen Probe 2011 sind es jährlich ein paar weniger geworden. Nicht wenige Betriebsräte haben sich seither dem permanenten Druck der Geschäftsleitungen gebeugt, und sind offen oder zumindest innerlich aus dem Solidaritätspakt „Metaller-KV“ ausgeschert. Doch dies beschreibt nur die Ausgangssituation. Wir können trotz allem gegen die Bosse gewinnen.
„In den Betrieben liegt die Kraft“
...betonte Pro-Ge Chef Rainer Wimmer auf der herbstlichen Betriebsrätekonferenz in Hörsching/OÖ. Das ist ein wichtiger Gedanke. Doch was heißt das in der Praxis? Es ist notwendig, dass die Streikenden selbst die volle Kontrolle über das Ziel, die Maßnahmen und die Dauer des Arbeitskampfes haben – etwas, das es im Moment nicht gibt. Auf den 350 Betriebsversammlungen werden Streikbeschlüsse debattiert und gefasst. Dann wird von den Arbeitern und Arbeiterinnen nur noch erwartet: Gewehr bei Fuß, streiken (oder nicht) und wieder aufhören auf Knopfdruck. Die Sozialpartnerschaft wurde dabei zu oft über das eigentliche Ergebnis gestellt, um die „gute Gesprächsebene“ mit den Unternehmern nicht zu gefährden. Diese Methoden schwächen die Bewegung.
Demokratische Kontrolle von unten ist dagegen das beste Mittel gegen den verbreiteten Zynismus und das Gefühl, dass „die oben eh machen was sie wollen“. Das stärkt die Einheit, zeigt auf, wie stark wir wirklich sind und hilft damit dem Kampf. Und damit gibt es auch bessere Ergebnisse:
Dass dies der Fall ist zeigt die Erfahrung der Arbeiter von Stahlbau Haslinger in Kärnten. Sie widersetzten sich 2011 dem nächtlichen Abbruch der Streikbewegung, traten nach Abschluss des KV in den Streik und konnten so die gesamte Summe der geforderten 5,5 % erkämpfen.
Daher muss auch die Geheimniskrämerei über den generellen Kampfplan kritisiert werden. Es ist klar, dass wir nicht Monate vorher Tag und Ort offenlegen werden, an dem gestreikt wird – so könnten sich die Unternehmer natürlich gut darauf vorbereiten. Aber ein Streik ist kein Spaziergang, sondern direkter Klassenkampf: die Unternehmer zucken aus, bedrohen die Streikführer oder selbst BR, die Betriebsversammlungen einberufen. Dem hält man am besten durch Geschlossenheit entgegen, und Geschlossenheit muss ständig in der Praxis hergestellt und erneuert werden. Das ist nur dadurch möglich, dass ein allgemeiner Kampfplan so breit wie möglich diskutiert wird, um kontrollieren zu können, ob er von allen umgesetzt wird, und auch viel breiter und schneller mobilisieren zu können. Der Streik ist unsere beste Waffe, man muss sie nicht verstecken!
Gegen die Spaltung!
Die Forderung, den einheitlichen Metall-Kollektivvertrag aufrecht zu erhalten, ist nicht nebensächlich. Unter einigen besonders kurzsichtigen und geschichtsvergessenen Betriebsräten kursieren Ideen, dass man es allein besser könne, als mit allen 193.000 Metallern zusammen. Dieser Gedanke ist dumm und falsch, denn selbst das eigene bessere, oder gemütlichere Niveau im Betrieb basiert auf den allgemeinen Errungenschaften. Und diese allgemeinen Errungenschaften basieren angesichts der politischen Zustände in erster Linie auf dem Kollektivertrag, und der ist genauso stark, wie die kämpferische Solidarität erreichen kann. Daher:
- Nieder mit der Unternehmer-Aggression – alle gemeinsam für einen starken KV, 5% und selbstbestimmte Freizeit!
- Kampf um sozialen Fortschritt statt Kampf um die Sozialpartnerschaft!
- Für die demokratische Selbstkontrolle über den Arbeitskampf – wer streikt, bestimmt!
- Politisiere im Betrieb, stell Fragen und hilf mit, die kämpfende Solidarität in der Belegschaft politisch und praktisch vorzubereiten – egal ob Angestellter oder Gießer, egal ob Mann oder Frau, egal ob Migrant oder Österreicher, egal ob Hilfsarbeiter oder Facharbeiter – gemeinsam sind wir stärker!
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