In den letzten Wochen war es um die geplante Schließung des LKW-Werkes von MAN in Steyr ruhig geworden. Doch jetzt soll alles schnell gehen.
Update vom 19.3.2021:
Die Ereignisse bezüglich der geplanten Werksschließung von MAN Steyr beschleunigen sich dramatisch. Der nachfolgende Artikel wurde geschrieben, bevor die jüngsten Ereignisse stattgefunden haben, aber seine Schlussfolgerungen sind weiterhin gültig.
Heute verhandelt der Aufsichtsrat in München über die Schließung des Werkes. Neue Angebote über eine Übernahme trudeln beim Konzern ein. Und eine geplante Vollversammlung und Urabstimmung der Beschäftigten ist auf nächsten Freitag verschoben worden, bei denen sie über einen sozialen Totalkahlschlag „entscheiden“ dürfen, um das Werk mit einem anderen Besitzer zu erhalten.
Nach einem Warnstreik mit einer großen Demonstration im Oktober, an der über 4000 Menschen teilnahmen, beschränkten sich Gewerkschaften und Betriebsrat bis auf einzelne Pressekonferenzen darauf, mit dem Konzern in Verhandlungen zu treten. Jetzt zeichnet sich eine Übernahme des Werkes durch eine Investorengruppe ab, hinter der der russische Automobilkonzern GAZ steht. MAN formuliert daraus ein Ultimatum an die Belegschaft.
Konkret sollen die Beschäftigten am 24. März in einer Betriebsversammlung über die Bedingungen für eine Übernahme (und damit den Erhalt) des Werkes informiert werden. Laut Medienberichten stünde als erstes eine große Entlassungswelle bevor. So zitiert der „Standard“ einen Insider: „Bleiben dürfen nur die Jungen“. Die Leasingarbeiter (die mehr als 1/6 der Belegschaft ausmachen) kommen in den Kalkulationen der Konzernspitzen erst gar nicht vor. Die wenigen „glücklichen“, die ihren Job behalten dürfen, müssten über eine Halbierung der Akkordlöhne eine zumindest 15%ige Lohnkürzung in Kauf nehmen.
Der Arbeiterbetriebsrat Erich Schwarz sieht in diesem Vorgehen „fast erpresserische Methoden“. In dieser Analyse stimmen wir Erich Schwarz – fast – zu. Das IST Erpressung. Es hilft uns nicht weiter, um den heißen Brei herumzureden. MAN setzt den Beschäftigten die Pistole auf die Brust, und stellt sie vor die Wahl: Entweder, ihr akzeptiert den sozialen Kahlschlag mit Arbeitslosigkeit und Lohnkürzungen, oder das Werk sperrt zu.
Auf diese Erpressung kann es nur eine Antwort geben: Nein!
Es gibt nämlich noch eine dritte Alternative: Den Kampf um einen vollständigen Erhalt des Standorts, ohne Abstriche und Kürzungen. Das ist absolut realistisch – aber nur, wenn die Gewerkschaftsführung und der Betriebsrat die offensichtlich nutzlose Suche nach einem „guten“ Privatinvestor aufgeben und den Kampf um die Wiederverstaatlichung des Betriebs aufnehmen.
Wenn eine Mehrheit der Belegschaft mit einer Ablehnung des Ultimatums ihre Kampfbereitschaft zeigt, kann das der Wendepunkt in der Auseinandersetzung um den Erhalt des Werkes werden. So kann aus dem Ultimatum eine Chance werden. Es wäre daher die Aufgabe der Belegschaftsvertreter, bei der Urabstimmung über diese Erpressung für ein NEIN zu argumentieren und gleichzeitig in einer Serie von Abteilungs- und Betriebsversammlungen die Alternative, nämlich einen entschlossenen Kampf, zu erklären und vorzubereiten.
Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!
Von Florian Keller
(Funke Nr. 192/17.3.2021)
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