Nach den erfolgreichen Protesttagen im Herbst geht der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen in den Kindergärten nun in die nächste Runde. Wie können wir diesen Arbeitskampf gewinnen? Funke-UnterstützerInnen beziehen Position.
5000 KollegInnen aus den Wiener Privatkindergärten demonstrierten im Oktober bei der öffentlichen Betriebsversammlung. Unter dem Jubel der Demo verkündeten damals die Betriebsrätinnen, dass der Protest weitergeführt wird. Man drohte der Regierung mit den Worten: „Wir haben noch viel Eskalationspotential!“
Wenige Tage später mobilisierte damals auch die younion ihre KollegInnen in den Kindergärten der Stadt Wien. Das war auch höchste Zeit, denn die Bedingungen sind da wie dort schlecht. So positiv es war, dass auch in den öffentlichen Kindergärten etwas passierte – dass sich die drei zuständigen Gewerkschaften (GPA, vida, younion) nicht auf einen gemeinsamen Protesttag einigen konnten, verstand niemand. Und diese mangelnde Einheit der Gewerkschaften besteht auch ein halbes Jahr später noch. Wieder marschieren die Gewerkschaften getrennt.
Diesmal machte die younion den Auftakt mit einer Demonstration vor dem Bildungsministerium. Sie will „Wirbel machen“ für mehr (qualifiziertes) Personal, 250 Millionen Euro mehr an Jahresbudget für die elementare Bildung, eine Ausbildungsoffensive und Entlastung durch mehr administratives Personal, da der Papierkram immer erdrückender wird.
In unserer letzten Ausgabe haben wir betont, wie wichtig es ist, die Forderungen zu konkretisieren. Nur wenn klar ist, wofür genau wir kämpfen, können wir auch überprüfen, ob unser Protest Früchte trägt. Die Demos im Herbst haben ganz viele KollegInnen als Befreiung wahrgenommen. So viel Frust und Ärger hat sich über die Jahre angestaut, ganz besonders in den Zeiten der Pandemie, in der die Belastung durch ständig neue Regeln ins Unermessliche gestiegen ist. Die Möglichkeit, endlich laut „Es reicht!“ rufen zu können und von der Öffentlichkeit gehört zu werden, wurde schon als Erfolg gewertet. Aber allen war klar, dass es weitergehen muss, um die Situation wirklich zu verbessern.
Die zusätzlichen AssistentInnenstellen, die die Stadt Wien zugesagt hat, wurde von allen nur als Frotzelei gewertet. Und auch das jüngst zugesagte 14,8 Mio. € Corona-Hilfspaket für die privaten Träger ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein (200 € pro Kindergartenplatz).
Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir unsere Forderungen auch durchsetzen können. Eine einfache Wiederholung der Aktionen vom Herbst wird mit Sicherheit zu wenig sein. Die Erfahrung zeigt, dass man einen Kampf nur gewinnen kann, wenn man ihn ausweitet und verschärft. Das letzte halbe Jahr hat man dafür aber nicht genützt.
Wir wollen aber real etwas verändern. Dampf ablassen, ist zu wenig. Die Forderung nach „mehr Knödel“ für die Kindergärten, nach mehr Personal und kleineren Gruppen sind nicht verhandelbar. Außerdem braucht es eine bessere Entlohnung. Die Belastung wird immer größer, weil es an Personal mangelt, wegen Corona, wegen der vielen Dokumentationsarbeit. Aber wir werden nur dann etwas bekommen, wenn wir genügend Druck erzeugen können.
Das scheint die Gewerkschaftsführung noch nicht verstanden zu haben. Die younion schreibt zu der Frage „Warum demonstrieren wir und streiken nicht?“: „Da der vorherige Bildungsminister auf Grund unserer Demonstrationen kleine Signale der Bewegung gezeigt hat, setzen wir einmal noch auf dieses bewährte Mittel.“ Die „Bewegung“ hat sich aber darauf beschränkt, die Gewerkschaft zum Beirat für Elementarpädagogik einzuladen. Und die will sich gegenüber der eigenen Basis lieber offenhalten, welche Forderungen sie dort erheben will. Hauptsache, man sitzt mit der Regierung am Verhandlungstisch. So kann man einen Arbeitskampf nicht gewinnen! Jetzt wäre aber die richtige Zeit dafür. Denn bei den anstehenden 15a-Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung der Kindergärten muss es darum gehen, die von allen Regierungen der letzten 30 Jahre gewollte Unterfinanzierung der Elementarpädagogik zu beenden. Wenn für das Bundesheer und Unternehmensförderungen sofort Geld vorhanden ist, dann wohl auch für die Kinder und uns, die „Helden der Krise“.
Die jetzigen Demos, die jedenfalls in Wien Streikcharakter haben, sind eine gute Gelegenheit, unseren Unmut auf die Straße zu tragen. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir aber zuerst einmal ausgehend von diesen Aktionen in unseren Gewerkschaften eine neue Protestkultur durchsetzen.
- Diskussion unserer Forderungen auf einer wienweiten Betriebsversammlung aller Beschäftigten der öffentlichen und privaten Kindergärten. Wahl eines Verhandlungsteams, das den KollegInnen rechenschaftspflichtig ist!
- Für die Mobilisierung von Eltern und Kindern! Für einen beitragsfreien Kindergarten für alle! Es geht um bessere Arbeitsbedingungen und eine optimale Betreuung und Bildung der Kinder!
- Für einen gemeinsamen Streik aller Gewerkschaften! Für eine Großdemonstration aller Betroffenen!
- Für mehr Personal – mehr Lohn – kleinere Gruppengrößen! Mehr Knödel für die Kindergärten! WIR WOLLEN ALLES!
(Funke Nr. 202/22.3.2022)