Dieses Flugblatt verteilen AktivistInnen des Funke und der Liste Solidarität in Vorarlberg.
Bei den „5 nach 12“-Protesten am 24. Februar kam es in Vorarlberg zu einem Sabotageversuch eines anonymen Gegners der Pflegebewegung. Die Kundgebungen waren erneut vor den gut sichtbaren Eingängen der Krankenhäuser geplant – was wir als AktivistInnen von der „Solidarität“ prinzipiell auch als Recht der Beschäftigten erachten, schließlich existieren diese Betriebe nur durch unsere tagtägliche Arbeit! Jemand hatte was dagegen: Durch Androhung einer Anzeige von anonymer Seite mussten die nicht angemeldeten Kundgebungen an weniger sichtbare Orte verlegt werden, außerdem war die Teilnahme nur noch für MitarbeiterInnen offen und z.B. nicht mehr für solidarische PatientInnen oder Mitmenschen, was durch die Exekutive vor Ort auch penibel kontrolliert wurde.
Eine Sache an dieser dubiosen Angelegenheit ist klar und kann niemand leugnen: Was hier passiert ist, schadet der Gewerkschaft und nützt der Gegenseite. Der Vorarlberger ÖGB hat medial auch sofort und korrekt reagiert: Man denke nicht daran, sich vom Protest abhalten zu lassen – gut so! Ab jetzt wird jede Kundgebung angemeldet. Für uns ist dieser Sabotageversuch weder ein Zufall noch überraschend. Wir sollten ihn zum Anlass einiger Überlegungen nehmen.
Erstens: Die „5 nach 12“-Kundgebungen wurden von den OrganisatorInnen bisher nicht angemeldet – im Glauben, dass wohl niemand etwas gegen Demonstrationen der Gesundheitsbediensteten am eigenen Arbeitsplatz haben würde. Dem ist nicht so, wir haben Gegner, auch im angeblich „beschaulichen“ Ländle, so wie jede aktive Gewerkschaftsbewegung. Wir fordern hier schließlich Geld in Zeiten der Spar- und Profitlogik! In den Gewerkschaften anderer Länder ist diese Tatsache schon lange geklärt; in Österreich hat sich die Illusion in die harmonische „Sozialpartnerschaft“ extrem lange gehalten, doch diese Zeit ist vorbei. Die heimische Gewerkschaftsbewegung muss aufschließen und sich statt der Samt- die Boxhandschuhe anziehen, denn manche Gegner tragen sie schon lange!
Zweitens: Diese Proteste werden sabotiert, obwohl sie bisher absolut harmlos sind. Aber das zeigt erst auf, wo eigentlich ihr Potential liegt! Während zum Beispiel das Personal der Berliner Charité vor kurzem in einem großen und solidarischen Streik aller Belegschaftsteile Verbesserungen erkämpft hat, und zwar bis hin zu den angelagerten Bereichen in bisher mies bezahlten Subunternehmen, „opfern“ wir bisher sogar beim Protestieren unsere Mittagspause (zumindest in Vorarlberg, in anderen Bundesländern waren die Proteste in der Arbeitszeit). Man fragt sich: Wen stört ein harmloser Protest, der nicht eine Arbeitsminute kostet? Oder stört vielleicht vielmehr die Tatsache, dass nach der dritten oder vierten Demo ohne Gehör der Ruf nach Betriebsversammlungen oder gar Streik laut wird?
Wir fühlen uns in unseren bisherigen Positionen mehr als bestätigt:
- Keine Naivität, wir haben Gegner! Jede Demo muss angemeldet werden, rechnen wir mit Gegenreaktionen!
- Für konkrete Forderungen: Die Belegschaft muss wissen, wofür sie kämpft! Wir stehen für 20% mehr Lohn, 20% mehr Personal, 20% weniger Arbeitszeit!
- Für größtmögliche Beteiligung an den Demos, aber darüber hinaus für Betriebsversammlungen in der Arbeitszeit - besprechen wir unsere Forderungen und Kampfmaßnahmen demokratisch!
- Für Urabstimmungen über alle Verhandlungsergebnisse – die Belegschaften wissen selbst am besten, ab wann ein Abschluss ein „Erfolg“ ist!
(Funke Nr. 202/22.3.2022)
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