Das Rennen zwischen Biden und Trump wird von einer Krise nach der anderen geprägt. Richtige Lösungen haben beide nicht anzubieten. Von Willy Hämmerle.

Wie wir es vom Rest dieses Jahres schon gewohnt sind, überschlagen sich auch im Endspurt des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA die Ereignisse. Nachrichten, die zu gewöhnlicheren Zeiten wochenlang durch die Medienlandschaft ziehen würden, verflüchtigen sich oft innerhalb weniger Tage bereits wieder aus dem kollektiven Gedächtnis. Die einzigen Konstanten sind die offensichtliche Unfähigkeit der beiden Kandidaten, Lösungen für die Probleme der Menschen anzubieten, und die zunehmende Polarisierung in der gesamten Gesellschaft.

Alles bestimmend bleibt aber die COVID-Krise und der wirtschaftliche Zusammenbruch, den sie hinter sich herschleppt. Nicht einmal Trump selbst konnte der Krankheit entgehen, er steckte sich und das halbe Weiße Haus mit dem Virus an. Im Gegensatz zur „gewöhnlichen“ Bevölkerung, die bereits über 210.000 Tote zu beklagen hat, setzte er sich damit aber trotz hohem Alter und fragwürdigem Gesundheitszustand keinem allzu großen Risiko aus. Ihm steht die beste Versorgung inklusive der neuesten Medikamente zur Verfügung.

Die Arbeitslosenzahlen sind weiterhin beispiellos hoch. Wir erinnern uns: zu Beginn der Pandemie wurden innerhalb eines einzigen Monats alle Jobs vernichtet, die im Jahrzehnt davor im Zuge der „Bewältigung“ der Finanzkrise von 2008 entstanden sind. In Städten wie New York erreichte die Arbeitslosigkeit zeitweise über 30%. Damals hieß es, die ArbeiterInnen sollen sich nur einige Monate vertrösten, nach der Pandemie ginge es dann wieder bergauf. Mittlerweile ist klar: selbst wenn die Regierung mit dem Virus fertig werden würde, werden die meisten Jobs für immer verloren sein. Der initiale „Corona-Schock“, der durch die US-Wirtschaft ging, offenbarte nur die bereits vorhandenen tiefen Risse in einem System, das völlig in der Krise steckt.

Die Präsidentschaftswahlen werden in drei Wochen geschlagen. Schon jetzt ist völlig klar, dass die Hoffnung der Bürgerlichen, mit Biden im Weißen Haus endlich wieder Vernunft einziehen zu lassen, sich als hoffnungslose Träumereien herausstellen werden. Trump kündigte schon mehrmals an, seine etwaige Wahlniederlage (diese ist zwar sehr wahrscheinlich, aber noch immer nicht gesichert) nicht akzeptieren zu wollen – denkbar ist, dass er eine Verfassungskrise provozieren will, indem er die Briefwahl in Frage stellt. Praktisch bereitet er das schon die letzten Monate durch ein extrem hartes Kürzungsprogramm bei der staatlichen Post vor. Chaos ist jedenfalls vorprogrammiert. Hochrangige Generäle fühlten sich bereits bemüßigt zu betonen, dass das Militär nicht in die Wahlen eingreifen wird.

Doch selbst wenn Trumps Präsidentschaft ein mehr oder weniger reibungsloses Ende nimmt, wird die Bourgeoisie nicht die Ruhe bekommen, die sie sich so sehnlich wünscht. 56% der deklarierten Biden-WählerInnen gaben an, dass sie es nur tun, um Trump zu verhindern. Aber unabhängig davon, ob man Biden aus Alternativlosigkeit oder Überzeugung wählt: der Druck der kommenden Angriffe auf die Arbeiterklasse wird auch die letzten Illusionen in den Demokraten zerbrechen. Biden selbst ist darin übrigens Experte. Schon 1996 sponsorte er einen Gesetzesvorschlag, der zu einer massiven Kürzung der staatlichen Sozialleistungen geführt hat. Als Vertreter eines Systems, das den arbeitenden Menschen nichts mehr zu bieten hat, als Unsicherheit, Armut und Elend, ist er zu allem bereit, was nötig ist, um die Profite der Kapitalisten zu retten. Daran ändert auch nichts, dass er im Gegensatz zu Trump dabei höflichere Worte findet.

Die angestaute Wut der ArbeiterInnen und der Jugend wird sich in den verschiedensten Kämpfen entladen müssen. Beispiele davon sehen wir überall, die Black Lives Matter Proteste, mit den hunderten Solidaritätsstreiks zu ihrer Unterstützung, sind dabei nur der Höhepunkt. Dazu gesellen sich zahlreiche Streiks von schlechtbezahlten s.g. „Schlüsselarbeitern“ und LehrerInnen, die unter anderem wegen der schlechten Corona-Schutzmaßnahmen die Arbeit niederlegten.

Diese Wut ist die Basis für die Schaffung einer neuen Partei, um all diese Kämpfe zu bündeln und ihr einen organisatorischen Ausdruck zu geben. „Ein reines Banner aufzurollen, die Gewerkschaftsbewegung aus den Klauen der Demokraten zu entreißen und mit dem Aufbau einer Partei der Arbeiterklasse zu beginnen“ (Funke Nr. 186) ist und bleibt daher die drängendste Aufgabe. Die Politik des kleineren Übels, der sich die Linke und die Führung der Gewerkschaften in den USA hingegen verschrieben haben, schafft hingegen nur Verwirrung und Demoralisierung in der Arbeiterklasse.

(Funke Nr. 187/13.10.2020)


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