SPÖ. Fiona Kaiser ist Vorsitzende der SJ Oberösterreich, Sprecherin der „Initiative Kompass“ auf Landesebene und stellvertretende Parteivorsitzende der SPÖ OÖ. Letztere Funktion soll sie nun verlieren, da sie zu oft Kritik geäußert hätte.
Bernd Dobesberger, Bildungsvorsitzender der SPÖ Oberösterreich, und du seid nach dem Willen des Parteiapparates ab 16.1.2016 nicht mehr stellvertretende Parteivorsitzende der SPÖ OÖ. Verärgert oder erlöst?
Ein wenig verärgert. Aber eher darüber, dass ich auf „orf.at“ lesen musste, dass ich diese Funktion nicht mehr innehaben soll. Dass die SJ-Vorsitzende eine der stellvertretenden Parteivorsitzenden wurde, war ein Ergebnis des „Morgen.Rot“-Prozesses. Es war eine symbolische Funktion, die 14 verschiedene Personen innehatten – die aber mit keinen besonderen Aufgaben verbunden war. Mich ohne mein Wissen der Funktion zu entheben und dann beleidigt sein, weil ich ebenso öffentlich Stellung dazu beziehe, zeigt für mich nur einmal mehr, wie dramatisch der Zustand der SPÖ ist.
Ich bin seit der Gründung der „Initiative Kompass“ einer ihrer Unterstützer. Bisher wurde ich kein einziges Mal kontaktiert, und habe außer in Oberösterreich auch keine Aktivitäten dieser Initiative miterlebt. Wo steht das Projekt aus deiner Sicht?
Beim „SPÖ-Rettungskongress“, den die SJÖ kurz nach der rot-blauen Regierungsbildung im Burgenland initiiert hatte, wurde diese Initiative gegründet – ohne klar und deutlich ihr Programm oder ihre Zusammensetzung definiert zu haben. In Oberösterreich gab es aber trotzdem sofort Menschen, die vor Ort aktiv werden wollten. Wir haben also einfach einen ersten offenen Kompass-Kongress nach den Landtagswahlen organisiert (mit etwa 150 TeilnehmerInnen) und dort eine gemeinsame Stellungnahme zum Wahlergebnis und unseren Ableitungen für die SPÖ verabschiedet. Nun versuchen wir die Aufmerksamkeit auf den Landesparteitag im Jänner zu lenken. Dort wollen wir auch gemeinsam auftreten. Im März soll es in OÖ einen weiteren Kongress geben. Für mich ist der entscheidende Punkt bei Kompass, dass dort die Diskussion über den weiteren Umgang mit und in der Sozialdemokratie geführt werden kann. Nur gemeinsam können wir Druck aufbauen und auch zum Drohpotential werden. Bedauernswert ist, dass sich bisher in keinem anderen Bundesland ähnliche Ländergruppen gefunden haben bzw. die Initiative auf Bundesebene außer mit der Person Andi Babler kaum in Erscheinung tritt.
Im Funke 138 haben wir Kompass so kritisiert: „Kompass fordert das ein, was die Sozialdemokratie ständig ausblutet: die Mitverwaltung der Krise im Rahmen des Staatsapparates“ (Anm.: „Sozialpolitik muss Aufgabe der SPÖ bleiben“, Forderung nach Erhalt dieses Postens in der oberösterreichischen Landesregierung). Wie stehst du zu dieser inhaltlichen Kritik?
Die SPÖ in Oberösterreich ging schon recht bald davon aus, dass sie nach der Wahl aufgrund des Proporzsystems nur mehr einen Landesregierungssitz haben wird – legte sich aber bis zum Schluss nicht fest, ob sie lieber das Verkehrsressort oder das Sozialressort behalten möchte. Unser Zugang als Kompass war, dass bei einer voraussichtlich schwarz-blauen Regierung das Kampffeld der SPÖ der Sozialbereich sein muss! Dort darf nicht weiter gespart und gekürzt werden, dort muss die SPÖ zeigen, dass sie auf der Seite der Beschäftigten und der Betroffenen steht. Ob das nun Realität wird, und die SPÖ endlich in ihre Oppositionsrolle findet, einem zu geringen Sozialbudget nicht zustimmt und sich nicht zur Vollzieherin von schwarz-blauem Sozialabbau machen lässt, wird sich natürlich erst weisen.
Nach der Bildung einer Großen Koalition wurden in der SJ auch andere Optionen als die Orientierung auf eine Reform der Sozialdemokratie debattiert, etwa die Frage, ob sich die SJ nicht trauen sollte eine Konferenz der Linken einzuberufen. Wie siehst du das: soll sich die SJ als Jugendorganisation der Sozialdemokratie verstehen, oder vielmehr als eigenständiger politischer Ausdruck der Arbeiterbewegung?
Ich sehe die SJ nach wie vor in einem kritischen Naheverhältnis zur SPÖ – ich glaube aber, dass diese Debatte innerhalb der SJ dringend geführt werden muss. Wie lange wollen wir noch zusehen, wie die SPÖ die unsozialste Politik in der Regierung mitträgt (Stichwort Zaundebatte und Asylgesetzverschärfung)? Aber das fängt ja schon bei den eigenen Bundesländern an – wir sind nach wie vor konfrontiert mit einer SJ-Landesorganisation, die in ihrer Praxis kein Problem mit einer rot-blauen Landesregierung und ihren rot-blauen FunktionärInnen hat. In so einem Verband ist es für mich schwierig, überhaupt über das SPÖ-SJ Verhältnis zu diskutieren, wenn nicht einmal hier die Fronten klar sind.
Für mich ist aber auch klar, dass der Druck auf die SPÖ, hin zu einer Veränderung nur gemeinsam entstehen kann – mit den verbliebenen linken Kräften innerhalb der SPÖ und mit den linken Kräften außerhalb der SPÖ. Eine Konferenz der Linken finde ich also sehr begrüßenswert!
Dieses Jahr ist wieder SJ-Verbandstag. Wirst du nochmals kandidieren?
Nein. Ich kandidiere nochmals für den Landesvorsitz der SJ Oberösterreich. Hier macht für mich politische Arbeit gerade mehr Sinn und Spaß.
Das Interview für den Funke führte Emanuel Tomaselli.