Türkis-Grün möchte die Kosten des öffentlichen Gesundheitssystems und der Pflege reduzieren. Wien, wo heuer noch gewählt wird, wird von den Bürgerlichen gezielt ins Visier genommen.

Seit Monaten wird über Skandale und Skandälchen im Wiener Krankenanstalten Verbund (KAV) berichtet: Beraterverträge, Kostenüberschreitungen, Preisabsprachen unter Anbieterfirmen, fehlendes Personal, fehlende Kassenverträge für niedergelassene Ärzte, Wartezeiten für Untersuchungen und auf OPs.

Es wird vermittelt, dass es um das Wiener Gesundheitssystem im Österreichvergleich besonders schlimm bestellt ist. Der jüngste Vorstoß lautet, dass es zu wenig Kinder- und Jugendpsychiatriebetten gibt. Verschwiegen wird dabei, dass jedes einzelne Bundesland in Österreich unter seinem „Soll“ an stationären Betten und Kassaverträgen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie liegt.

In diesen fast täglich erscheinenden Artikeln, die von den bürgerlichen Parteien, allen voran der ÖVP und den NEOS, gerne aufgegriffen werden, lässt sich ein klares „Wem nützt es erkennen?“. Es ist die Vorrunde für die Landtags- und Gemeinderatswahlen in Wien. Die „progressive Koalition“ der Bürgerlichen (Grün, Pink und Türkis) ist entschlossen in Wien nach der politischen Macht zu greifen. Gesundheit und Pflege bieten sich als Themen an, weil die falsche Politik der Wiener SPÖ hier besonders direkt spürbar ist.

Auslagerungen und Spardruck

Die Wiener SPÖ macht eine pro-kapitalistische Politik. Dies ist der Kern all dessen, was im KAV schief läuft, und macht die SPÖ-Stadtverwaltung politisch angreifbar. Sie unterstützt die Bund-Länder-Vereinbarung, die die Gesundheitsausgaben an die Entwicklung des BIP bindet, und setzt diese budgetär durch. Nun ist es aber so, dass die weitere Entwicklung der Gesundheits- und Pflegeausgaben sachlich nicht an die Entwicklung der Wirtschaftsleistung gebunden ist, sondern an eine alternde Gesellschaft und massive Preissteigerungen gerade für innovative Medizin. Sprich:

Um den jetzigen Stand der Versorgung aufrechtzuerhalten, braucht es mehr Mittel, oder es müssen Maßnahmen gesetzt werden, um die Preise für innovative Medikamente zu senken. Wer dies nicht sagt und nicht dafür kämpft, betreibt leere Demagogie.

Die Lücke zwischen dem Anspruch auf eine gute Gesundheitsversorgung für alle und dem politischen Willen den Sparzwang umzusetzen, versucht die Wiener Stadtregierung durch Effizienzsteigerungen zu finanzieren. Also wurde über Jahre alles ausgelagert – angefangen von Beratern, die die Effizienz steigern sollten, bis zu wirtschaftlichen Teilbereichen, und jetzt steht sogar der KAV selbst davor ausgelagert zu werden.

Die Ergebnisse dieser Politik sind inhaltlich und politisch fatal. Die Kosten für externe Berater sind enorm (74 Mio. € von 2012 bis 2016). Das entdeckte Sparpotential geht oft zulasten von Beschäftigten und PatientInnen (etwa in der Materialbeschaffung). Es ist weiters offensichtlich, dass persönliche und geschäftliche Beziehungen zwischen Beratern und führenden KAV-Managern bestehen und Anbieterfirmen Preise untereinander absprechen. Das augenscheinlichste Beispiel dieser Verschwendung öffentlicher Gelder in private Taschen ist der esoterische „Energiering“ rund um das neugebaute Krankenhaus Nord.

Das Gesundheitssystem braucht einen Bruch mit dieser Politik: Weg mit den Ausgabenobergrenzen, Schluss mit Auslagerungen und Beraterverträgen. Die Kontrolle des Gesundheitssektors in die Hand der wirklichen ExpertInnen – der Beschäftigten und Patientenvertretungen!

Die Umsetzung bürgerlicher Sparlogik macht die SPÖ zum Feindbild der PatientInnen und Beschäftigten. Bürgerliche Parteien nutzen dies demagogisch aus. Es gilt den KAV als öffentlichen Gesundheitsdienstleister zu verteidigen und dies auf höchster Qualität. Dafür müssen wir uns für eine Gewerkschaft mit Streikfähigkeit einsetzen und die bürgerliche Politik der SPÖ-Führung beenden.

(Funke Nr. 180/22.1.2020)


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