Vom 18. bis 21. Mai fanden die Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) statt. Die Ergebnisse sind ein Aufruf an die linken Fraktionen – auch trotz niedriger Wahlbeteiligung. Ein Kommentar von Nora Kühler.
Die Fraktionen der Regierungsparteien (die ÖVP-nahe AG und die GRAS) verloren je -6% und -1%, während alle anderen dazugewannen, dabei am meisten die linken Gruppen: Der VSSTÖ wurde mit 24,6% (+2,2%) erstmals bundesweit stärkste Kraft, KSV-LiLi (4,5%) und KSV-KJÖ (3,7%) gewannen +2% bzw. +1,6% dazu. Signifikant ist, dass die kommunistischen Listen die einzigen sind, die trotz gesunkener Wahlbeteiligung ihre absoluten Stimmen erhöhen konnten.
Die Hochschulen befinden sich seit über einem Jahr im Distance-Learning, viele Studierende sind derzeit nicht in ihren Studienorten. Doch das alleine kann das Rekordtief von gerade einmal 16% Wahlbeteiligung nicht erklären. Das letzte Jahr war nicht nur von der Coronapandemie und ihren sozialen und ökonomischen Belastungen auch für Studierende geprägt. Vielmehr nutzte die türkis-grüne Regierung den gesellschaftlichen Ausnahmezustand dazu, im Handstreich die Universitätsgesetzes Novelle 2021 zu verabschieden, die mit massiven Verschlechterungen der Studienbedingungen und dem weiteren Abbau demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Hochschulen einhergeht.
Grund zu Unmut gibt es also genug. AG und GRAS sind nicht zufällig die klaren VerliererInnen dieser Wahl. Zum einen werden sie eng mit den Regierungsparteien verknüpft. Zum anderen traten sie selbst in keinster Weise überzeugend in Erscheinung, um diese Verschlechterungen im Hochschulbereich abzuwehren. Die AG rief im Zuge der Proteste gegen die UG-Novelle zum Jahreswechsel 20/21 dazu auf, nicht auf die Straße zu gehen.
Doch auch die linken Fraktionen haben ihrerseits den Kampf gegen die UG-Novelle nicht auf breite Beine gestellt und blieben in den Forderungen schwammig. So brachte es die Wiener ÖH-Spitze aus GRAS und KSV-LiLi nicht über sich, eindeutig die Regierung und damit ihre eigenen ParteifreundInnen der Grünen zu kritisieren. Die Proteste versandeten Anfang des Jahres, statt in einem Kampf zu münden, im Zuge dessen die ÖH-Wahlen zu einer bundesweiten Mobilisierung gegen die Regierungspolitik hätten werden können. Die niedrige Wahlbeteiligung zeugt davon, dass die ÖH nicht als Instrument zur Verteidigung der eigenen Interessen gesehen wird.
Was es jetzt braucht, ist eine linke Unipolitik, die den sozialen Kampf an den Unis organisiert, um gemeinsam die Angriffe der Regierung abzuwehren. Denn dass es nicht bei Corona-Hochschulpolitik und UG Novelle bleibt, deutete der Bildungsminister Faßmann schon am Abend der ÖH-Wahl an. Mit Blick auf die niedrige Wahlbeteiligung merkte er an, diese habe sicher mit der Corona-Pandemie zu tun –„aber vielleicht nicht nur". Hier wittert der Bildungsminister schon seine Gelegenheit, die lästige Studierendenvertretung endlich und final zu der Verwaltungsstelle zu degradieren, die seiner Vision von Hochschule als wirtschaftsnahe Serviceeinrichtung angemessen ist. Jetzt ist also nicht die Zeit für eine Orientierung auf ÖH-Postenbesetzungen und Koalitionsstreitereien etc.
Die Losung muss stattdessen klar und deutlich lauten: Wir kämpfen gegen die Regierung & jede Verschlechterung! Wessen Bildung? Unsere Bildung!
(Funke Nr. 194/26.5.2021)