Das Ringen um den Parteivorsitz ist ein harter Klassenkampf um die politische Ausrichtung der SPÖ. Der brutale Druck der Bürgerlichen gegen Andi Babler macht klar, auf welcher Seite man zu stehen hat. Eine politische Stellungnahme zum kommenden Bundesparteitag der SPÖ am 3. Juni in Linz von Emanuel Tomaselli.
Die krachende Niederlage von Rendi-Wagner ist daher zuallererst eine Niederlage der Industriellenvereinigung, die fix mit der wohlwollenden Zusammenarbeit der SPÖ auch in einer kommenden neuen bürgerlichen Krisenregierung gerechnet hat. Unter den zwei verbliebenen Kandidaten bevorzugen die Bürgerlichen Hans-Peter-Doskozil als zweitbeste sozialdemokratische Option, um die politische Instabilität in Österreich im Sinne der Banken und Konzernprofite einzudämmen.
Wozu das Kapital die SPÖ braucht
Die imperialistischen Konfliktlinien gehen mitten durch Österreich. Es ist von der EU wirtschaftlich und politisch abhängig und daher fester Teil des westlichen Imperialismus, macht aber gleichzeitig große Profite im Lager des jetzigen Feindes. Das Schicksal der Raiffeisenbank liegt gleichermaßen in der Hand der Moskauer und Washingtoner Kriegsherren. Österreichs Energieversorgung ist nicht gesichert, und eine Alternative zu russischem Gas weiter nicht greifbar. Die Teuerung ist die höchste Westeuropas, und die soziale Krise untergräbt das Leben der Arbeiterklasse bis hinein in die „Mittelschichten“ und damit die politische Stabilität der „Mitte“.
Die Bundesregierung ist stehend K.O. und hat längst die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich. Wie eine neue Regierung im Sinne der Kapitalisten aussehen könnte, ist aber noch nicht greifbar, der Wiederaufstieg der FPÖ und die Schwäche der ÖVP macht eine kommende Regierungsbildung im Interesse der Kapitalisten schwer. Der Einzug der KPÖ ins Parlament könnte nur noch von ihr selbst verhindert werden, und auch andere Parteien könnten das Parlament beleben. Wegen dieser drohenden Chaotisierung der politischen Verhältnisse werden die Neuwahlen ständig hinausgezögert und sie erklären die enorme Einflussnahme der Bürgerlichen auf die Richtungsentscheidungen in der SPÖ.
In diesem Krisenkonglomerat ist für die Kapitalisten extrem wichtig, eine SPÖ-Führung durchzusetzen, die vor der Arbeiterklasse den Schein der Alternativlosigkeit der herrschenden Verhältnisse aufrechterhält und keinesfalls zulässt, dass die wirkliche Stimmung in der Arbeiterklasse in den offenen Klassenkampf umschlägt.
Bürgerliche Kampagne gegen Babler – zurückschlagen!
Allen voran entrollen die Liberalen eine hetzerische Anti-Babler Kampagne, ein Umstand, der in seinem Lager (außer bei den Marxisten) für Verwirrung sorgt. Krone, DerStandard, Falter etc., alle sind sich einig: Doskozil soll es werden.
Die Medienkampagne gegen Babler ist ein ideologischer Klassenkampf, um die Führung der Arbeiterpartei SPÖ fest unter politischer Kontrolle der Kapitalisten zu halten. Sie wollen eine unzweideutige Haltung zur EU und eine klare Ablehnung des Marxismus. Diesem Druck müssen wir standhalten.
Babler hat aber recht, wenn er die EU als imperialistisches Projekt der europäischen Banken und Konzerne bezeichnete.
Im internationalen Ringen um Einflusszonen erhebt sie Schutzzölle mit unterschiedlichen verlogenen Argumenten (Klimaschutz, kurze Lieferketten, …), um China zu schädigen und macht Handelsabkommen mit andern. In ihrer Vassallentreue zu den USA akzeptiert sie schweigend die verheerende Zerstörung der europäischen Energieversorgung durch die Sprengung der Nord-Stream Pipelines. Die EU trieb die Zerstörung Jugoslawiens voran, um den Balkan unter ihrer wirtschaftlichen und politischen Dominanz (inklusive Militärpräsenz) wieder zu vereinen. Sie finanziert den Krieg in der Ukraine mit (European Peace Facility) und sie führt Kriege und baut Militärbasen in Afrika. Umgekehrt baut sie eine tödliche Mauer um Europa, um die Migrationsbewegungen, die sie mitverursacht, im Mittelmeer zu ertränken (rein lassen wir nur die, die „wir“ uns aussuchen, da sind sich von FPÖ bis zu den Grünen alle einig).
All dies könnte die EU ohne die Zustimmung der Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten nicht machen. Darum drehen die Liberalen jetzt durch. Sie wollen in der österreichischen Sozialdemokratie die Idee, dass eine Welt ohne Imperialismus und Krieg möglich ist, im Keim ersticken, und eine jedenfalls „pro-europäische“ Regierung durchsetzen.
Ideologisch ist den Herrschenden das Revival des „Marxismus“ ein Schrecken, und die Vorstellung, dass ein populärer Arbeiterbub mit mangelndem „diplomatischem Geschick“ plötzlich hinter die Kulissen ihrer Klassenherrschaft blicken könnte und vielleicht sogar darüber plaudert. Die Vorstellung, dass die SPÖ sich re-ideologisiert, an ihrer Arbeiterklassetradition ansetzt, diese neu belebt und gesellschaftliche Konflikte aktiv vorantreibt – das alles ist den Bürgerlichen ein Horror.
Die Bürgerlichen bekämpfen Andi Babler, machen ihn klein und verächtlich, und damit meinen sie uns alle – die Arbeiterbewegung. Sie haben Angst vor der potentiellen Macht der Arbeiterklasse und wollen das Feuer, das Andi Bablers Antritt zum Vorsitzenden ausgelöst hat, sofort wieder austreten.
Keine weiteren Kompromisse!
Diese ideologisierte Medienkampagne gegen den „absoluten Blödsinn“ (DerStandard) Bablers wird am Parteitag Eindruck machen, nicht zuletzt weil mutlose Delegierte diese im Saal weiter schüren werden. Und in Linz entscheidet nicht die in den politischen Kampf eingetretene Basis, sondern 609 Delegierte, die vor der aktuellen Zuspitzung zum letzten Parteitag bestellt wurden.
Die Krise des Kapitalismus ist tief und die politischen Gräben innerhalb der SPÖ werden nicht einfach wieder zugeschüttet werden können, ganz unabhängig vom Ergebnis des Parteitages. Die „Einheit der Partei“ kann nur durch eine ständige demokratische Debatte über Programm und Ausrichtung der Partei hergestellt werden. Der tiefere Grund für ihre Krise liegt im Krisenkapitalismus selbst: die Wählerschaft der SPÖ in der Arbeiterklasse wird weiter unter den Krisen leiden und innerhalb des Kapitalismus werden diese gar nicht gelöst werden, sondern nur noch tiefer und schwerer.
Die Arbeiterklasse braucht daher keine reinen Wahl- und Verhandlungsmaschinerien, um Koalitionen und Abkommen mit Bürgerlichen und den Interessenverbänden der Industriellen zu erzielen.
Wir brauchen eine kämpferische Arbeiterklasse-Politik und die Einheit der Arbeiterparteien im Kampf gegen die Bürgerlichen.
Die Arbeiterbewegung muss dem Drang des Finanzkapitals nach Herrschaft einen vereinten politischen, ideologischen und betrieblichen Kampf entgegensetzen. Die Orientierung auf eine „progressive Regierung“ mit Grünen und Neos führt unsere Klasse dabei nur in eine neue politische Sackgasse.
Stattdessen stehen wir für die sofortige Aufhebung der Eisenstädter Beschlüsse von 1969, als Signal der SPÖ, mit der wiedererstarkenden KPÖ gemeinsam kämpfen zu wollen.
Auch die Sozialpartnerschaft ist ein Hindernis zur Absicherung unserer Einkommen. Es gilt Vertrauen in die Kraft der eigenen Klasse aufzubauen. Radikale Krisen erfordern radikale Lösungen: einen Kampf – Klasse gegen Klasse – zu organisieren und den Sozialismus zu unseren Lebzeiten zu erkämpfen.
Egal ob Andi Babler morgen als Bundesparteivorsitzender oder als Wortführer der SPÖ-Linken nach Hause geht: das bisher Erreichte muss befestigt, vertieft und gestärkt werden. Die wichtigste politische Voraussetzung dafür ist, dass Andi Babler seine Meinung zum Marxismus und zur EU aufrechterhält und wir unseren Gegnern mutig entgegenhalten: „Und sie bewegt sich doch!“
Für eine kämpfende Partei der Arbeiterklasse!
(2.6.2023)