Am 25. April finden die Bundespräsidentenwahlen statt. Neben Heinz Fischer kandidiert auch Barbara Rosenkranz und sorgt mit ihrer rechten Gesinnung für innenpolitische Turbulenzen. Eine Stellungsnahme der Funke-Redaktion.

Heinz Fischer zog 2004 in die Hofburg ein und bekleidet seither das höchste Amt im Staat. Sein überraschend deutlicher Wahlsieg gegen die ÖVP-Kandidatin Ferrero-Waldner war nicht nur ein Votum für seine Person, sondern auch ein deutliches Signal, dass die WählerInnen an der Urne ein Ende der „schwarz-blauen Wende“ befördern wollten.

Ein staatstragender Präsident

Heinz Fischer verkörpert wie kein anderer Politiker die Erinnerung an die goldene Ära der Zweiten Republik, als die Klassenwidersprüche noch in gemütlicher Atmosphäre über dem grünen Tisch oder beim Heurigen austariert werden konnten. Fischer ist ein letztes Überbleibsel jener Polit-Generation. Die Zustimmung zu seiner Person spiegelt sehr gut die Hoffnung in weiten Teilen der ArbeiterInnenklasse wider, dass es möglich sei das Rad der Zeit vor die Wende von 2000 und die mit dem Begriff der „Globalisierung“ verbundene Entwicklung des Kapitalismus wieder zurückzudrehen.
Heinz Fischer ist von Kopf bis Fuß staatstragend. Er will laut Selbstdefinition ein Bundespräsident sein, der klar über den Parteien steht und für alle Österreicherinnen und Österreicher da ist. Geduldig sitzt er in der Hofburg und bemüht sich um das Image Österreichs, indem er durch seine umsichtige Art das Bild von der Insel der Seligen wiederzugeben versucht. Eine sozialdemokratische Weltanschauung im ursprünglichen Sinne hat bei all dieser Repräsentationstätigkeit wenig bis keinen Platz. Heinz Fischer steht vielmehr für eine Sozialdemokratie, die die Absicht hat umsichtig und vernunftbezogen die Gesamtinteressen des österreichischen Kapitalismus zu vertreten. Der Gesellschaft will er mehr Zusammenhalt geben, die durch eine unanständige Wirtschaftsordnung in die Krise geraten ist. Der Politik will er ein Gewissen sein.

Das ist die Form von Sozialdemokratie, mit der auch viele Bürgerliche können. Nicht zuletzt nachdem Schüssel & Co. mit ihrer Speed kills-Taktik nur für Chaos und Instabilität gesorgt haben. Dem Projekt einer Rückkehr in die Zeit von gelebter Sozialpartnerschaft und Großer Koalition fehlt aber längst die materielle Grundlage.

Sollte Heinz Fischer wieder gewählt werden – und daran besteht zum heutigen Tage kein Zweifel – wird er wohl oder übel in die Rolle geraten in den kommenden Klassen- und Verteilungskämpfen durch mahnende Worte als Retter des sozialen Frieden auftreten zu müssen.
Die Sparpakete, die die Regierung Faymann-Pröll jetzt schon zu schnüren beginnt, sind voller Sprengkraft. Daran ändern auch nichts kosmetische Maßnahmen wie die von Faymann angedachte Bankensteuer oder die Aufnahme von Bauern und Unternehmern in das neu beschlossene Transferkonto, mit dem die ÖVP in Zukunft Sozialabbau legitimieren will. Was uns Faymann da als „Erfolge sozialdemokratischer Politik“ verkaufen will, ist bestenfalls eine Augenauswischerei, in Wahrheit sollen sie nur vom größten Sparpaket der jüngeren Geschichte ablenken, das uns in Bälde übermittelt werden wird.

Es ist zu erwarten, dass die Sanierung des Staatshaushaltes nicht ohne Widerstand der Betroffenen über die Bühne gehen wird. Der Bundespräsident „aller ÖsterreicherInnen“ wird sich dann entscheiden müssen, ob er sich auf die Seite der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer stellt oder auf jene der ArbeiterInnen, der Arbeitslosen, der SchülerInnen und Studierenden.

Wer dann die Interessen und Rechte der ArbeiterInnenklasse zu verteidigen versucht, dem ist geraten, auf die eigene Stärke zu bauen, denn aus der Hofburg wird in den anstehenden sozialen Konflikten keine nennenswerte Unterstützung zu erwarten sein. Bestenfalls wird er dann auch die Bürgerlichen dazu aufrufen, mit Augenmaß und Rücksicht auf die Schwächsten der Gesellschaft den Staatshaushalt zu sanieren, um den sozialen Frieden nicht zu gefährden. Vielmehr ist nicht zu erwarten.

Die Kandidatur von Barbara Rosenkranz

Lange Zeit schien es, als würde Heinz Fischer im Alleingang die Bundespräsidentenwahl absolvieren. Die ÖVP verzichtete mangels Erfolgsaussichten auf eine Gegenkandidatur. So blieb es an H.C.Strache und der FPÖ dafür zu sorgen, dass die österreichische Innenpolitik nicht in großkoalitionärer Fadesse erstickt.

Straches Hintergedanke ist ganz einfach: Indem die FPÖ ein respektables Angebot an die konservativen Wählerschichten der ÖVP aussendet, will sie endlich wieder mit Erfolg in schwarzen Gewässern fischen, um sich für die bevorstehenden Wahlgänge (Steiermark und v.a. Wien) aufzumunitionieren. Barbara Rosenkranz, zehnfache Mutter und selbst aus der schwarzen Kernschicht stammend, steht genau für die Werte, mit der viele Bürgerliche gut können. Wenn da nicht auch noch ihre Affinität zu rechtsextremem Gedankengut wäre. Seit Jahren muss sie schon mit dem Image der deutschen Vorzeigemutter, an deren Seite mit Hans-Jakob Rosenkranz ein gestandener Nazi steht, leben. Abgesehen von ihrer reaktionären und menschenverachtenden Haltung in der Asyl- und Migrationspolitik schoss sie bereits in ihren ersten Auftritten als Bundespräsidentschaftskandidatin mit sehr dubiosen Aussagen zur NS-Zeit und einer ablehnenden Haltung zum Verbotsgesetz den Bock ab. So wollte ihr nicht einmal über die Lippen kommen, dass es unter den Nazis Gaskammern gab.

Seither geht ein lauter Aufschrei durch die bürgerlichen Medien, ÖVP-Vorsitzender Pröll hält Rosenkranz für unwählbar. Auf Facebook brachte es eine Anti-Rosenkranz-Gruppe binnen kürzester Zeit auf rund 80.000 UnterstützerInnen. Rosenkranz ist mit dem „antifaschistischen Grundkonsens“ der Zweiten Republik tatsächlich unvereinbar. In diesem Wahlkampf gilt es ein klares Zeichen gegen Rassismus und eine Verharmlosung des Nationalsozialismus zu setzen. Wir werden uns daher auch aktiv an allen antirassistischen und antifaschistischen Mobilisierungen gegen die Wahlkampfauftritte von Barbara Rosenkranz beteiligen.

Bei all dem sollten wir aber nicht vergessen, dass dieser „antifaschistische Grundkonsens“ ein sehr ungeeignetes Mittel im Kampf gegen die rechte Gefahr darstellt. Schon Josef Hindels, der Vertreter der SPÖ-Linken in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg und weithin anerkanntes antifaschistisches Gewissen der SPÖ, verwies in mehreren seiner Texte auf die Halbherzigkeit dieser Form des Antifaschismus.
Und die institutionellen AntifaschistInnen welcher Coleur auch immer haben auch kein Problem damit, im Parlament staatlichen Rassismus in Gesetzesform zu bringen. Dies gilt so nebenbei auch für Heinz Fischer, der bei aller Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt angesichts rassistischer Polizeigewalt oder unmenschlicher Abschiebepolitik lieber schweigt.

Das Amt des Bundespräsidenten

Die SPÖ war immer sehr stolz auf ihre Bundespräsidenten in der Zweiten Republik. Bis zum Wahlsieg von Kurt Waldheim 1986 war immer ein von der SPÖ unterstützter Kandidat in die Hofburg gewählt worden. Mit Heinz Fischer knüpft die sonst bei Wahlen so geschundene Sozialdemokratie an diese Tradition an. Linke SozialdemokratInnen sollten sich damit nicht zufrieden geben. Die Funktion des Bundespräsidenten selbst, der in der Realverfassung der Zweiten Republik zwar immer nur ein Repräsentant war, in Notsituationen aber sehr viel Macht innehat und das Potential zu einem sich über die Gesellschaft erhebenden Bonaparte hat, ist prinzipiell abzulehnen. Mit der Verfassungsnovelle 1929, auf der auch die heutige Verfassung noch fußt, erhielt die Position des Bundespräsidenten unter dem Druck autoritärer Kräfte eine beträchtliche Aufwertung. Zwar wurde ein von autoritärer Seite gefordertes präsidentielles Regierungssystem zwar nicht eingeführt, wohl aber als Kompromiss die Volkswahl des Bundespräsidenten, sowie die Ernennung des Bundeskanzlers und auf dessen Vorschlag der Bundesminister durch den Bundespräsidenten. Ferner wurde ein Auflösungsrecht des Bundespräsidenten gegenüber dem Nationalrat eingeführt (Art. 29 B-VG) und ein Notverordnungsrecht, das dem Bundespräsidenten eine Reihe von Sonderrechten zuschreibt. Als SozialistInnen lehnen wir eine derartige Stellung des Bundespräsidenten entschieden ab.

In den kommenden Wochen gilt es im Wahlkampf auf der Straße und nicht zuletzt bei der Wahl am 25. April ein eindeutiges Zeichen gegen die rechtsextremen Umtriebe der FPÖ und ihrer Spitzenkandidatin zu setzen. Gerade vor dem Hintergrund dieses Bundespräsidentschaftswahlkampfes und der allgemeinen Perspektiven für den österreichischen Klassenkampf sehen wir es jedoch als entscheidend an, dass sich die ArbeiterInnenbewegung von der Illusion befreit, dass die Sozialdemokratie eine staatstragende Rolle spielen soll und diese vor dem Hintergrund der andauernden Wirtschaftskrise im Interesse ihrer sozialen Basis in den Betrieben und ArbeiterInnenvierteln auch ausüben kann. Die SPÖ-Linke, die am 10. April ihr erstes Bundesweites Aktionstreffen abhält, sollte gezielt darauf hinarbeiten, dass diese Illusionen durch einen realistischen Blick auf die Dinge ersetzt werden. Denn dies wird eine wichtige Voraussetzung sein, um in den nächsten Jahren der Kapitaloffensive etwas entgegenhalten zu können.


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