Aus der Reihe „Unsere Revolutionäre Tradition“, die österreichische Revolutionärin Emily Rosdolsky. Von Michael Peiner.
Emily Rosdolsky wurde am 2. Juni 1911 in Wien als Emily Meder geboren. Schon als 14-jährige Gymnasiastin engagierte sie sich politisch und schloss sich dem Verband Sozialistischer Mittelschüler (VSM) an, trat jedoch 1928 aufgrund politischer Fehler der Sozialdemokraten der KPÖ bei. Sie leitete die KPÖ-Sektion im 9. Wiener Gemeindebezirk und war verantwortliche Redakteurin der Betriebszeitung „Der rote Franz-Josephs-Bahner“. 1927 lernte sie ihren späteren Mann, den kämpferischen Marxisten Roman Rosdolsky, kennen, der sie mit Leo Trotzki und dessen Kritik an der Stalin-Sowjetunion in Kontakt brachte. 1933 schufen die Austrofaschisten unter Engelbert Dollfuß die Republik ab und errichteten den autoritären Ständestaat. Die KPÖ wurde verboten, Emily, ihr Mann und viele andere wurden im Austrofaschismus verfolgt und eingesperrt.
Nach ihrer Entlassung blieb sie politisch aktiv. So war sie federführend an der Gründung von „Ziel und Weg“ beteiligt, einer oppositionellen Gruppe im Kommunistischen Jugendverband (KJV), deren Rolle sie folgendermaßen beschreibt: „Im spanischen Bürgerkrieg haben wir mit dem POUM sympathisiert. Wir waren gegen die rot-weiß-rote Orientierung der KPÖ – wir sind der Losung einer österreichischen Nation skeptisch gegenübergestanden und waren der Ansicht, man sollte auf eine gesamtdeutsche Revolution setzen. Wir haben die Volksfrontpolitik in Frankreich für prinzipienlos gehalten. Zu den Moskauer Prozessen hat die ‚Ziel-und-Weg‘-Gruppe vorsichtig, aber doch Stellung genommen.“
1938 flohen sie und ihr Mann vor den Faschisten nach Lemberg in Polen, von dort jedoch binnen eines Jahres weiter nach Krakau, da sie beide als Trotzki-SympathisantInnen stalinistische Repression fürchten mussten. Dort wurden sie 1942, Emily hochschwanger, von der Gestapo verhaftet, weil sie Juden Unterschlupf geboten hatten. Emily kam aufgrund glücklicher Umstände bald wieder frei und kehrte nach Wien zurück, ihr Mann jedoch wurde nach Ausschwitz deportiert.
Die beiden zogen in der Nachkriegszeit wiedervereint aus dem sowjetisch besetzten Teil Österreichs in die USA. Dort war sie in Detroit, in der UAW (United Auto Workers), einer der größten Gewerkschaften in der Automobilbranche, 23 Jahre lang in der Forschungsabteilung tätig. In dieser Zeit fiel sie besonders durch ihr Engagement für ein Verbot der Nachtarbeit für Frauen auf, wo sie gegen die Linie der Gewerkschaftsbürokratie agierte.
1971, kurz nach dem Tod ihres Mannes, kehrte sie nach Wien zurück. Bis ins hohe Alter hinein engagierte sie sich auch dort weiterhin politisch. So verfolgte sie die Diskussionen innerhalb der trotzkistischen Gruppe Revolutionäre Marxisten (GRM). 1977 verfasste Emily gemeinsam mit Fritz Keller in der GRM-Zeitung rotfront einen Artikel zu den Wiener Trotzkistenprozessen 1937. Sie betätigte sich in der österreichischen Memorial-Bewegung im Gedenken an die Opfer des Stalinismus. Bis zu ihrem Tod am 3. September 2001 wirkte sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW). Sie war eine beherzte Widerstandskämpferin gegen den Austrofaschismus und das NS-Regime, eine glühende Marxistin, engagierte Gewerkschaftsaktivistin und Kämpferin der proletarischen Frauenbewegung.
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