Uns erreichte folgender Leserbrief über die Boykott-Kampagne zur Männerfußball-WM, siehe hierzu auch unseren Artikel "Boykott Katar 2022".
Heute beginnt die Fußball Weltmeisterschaft in Katar. Seit der Vergabe einer Fußball WM an den Austragungsort Katar, durch mehr oder weniger Prominente FIFA Delegierte (ex Fußballspieler), erhebt sich nun harsche Kritik daran.
„Die Vergabe der FIFA war korrupt.“
„Es zählen nur Geschäftsinteressen.“
„Katar ist arbeiterinnenfeindlich.“
„Katar ist homophob.“
„Katar ist frauenfeindlich.“
„Eine WM im Winter.“
„Der Stadionbau verschlingt ressourcen.“
Die ganze Welt und zahlreiche prominente SportlerInnen geben nun seither ihren Senf dazu. Sie betonen wie grausam, korrupt und falsch diese, jene WM in Katar sei. Und wie so was im Fußball nur sein kann. Wir kennen die Berichte über den Stadionbau, bei dem zigtausende Gastarbeiter wegen den arbeiterinnenfeindlichen Bedingungen starben. Wir kennen die Berichte über Diskriminierung von LGBTQ+, Frauen, AlkoholikerInnen und ArbeiterInnen etc. Wir kennen die Berichte über die Vergabe und wissen über das Geschäft im Fußball.
Katar ist jetzt auch keine Nation in der die Gesellschaft Fußball spielt oder größeres Interesse daran hätte. Zum Fußball fehlt es dort an der nötigen Infrastruktur. Deshalb mussten nun riesige Stadien aus dem Boden gestampft werden. Vorwiegend wurden hier Gastarbeiter aus Nepal und anderen armen Ländern nach Katar gekarrt um sie auszubeuten, wie ein Stück Nutzvieh.
Für Katar hat man sich letztlich aus den selben Gründen entschieden, wegen denen man sich immer für einen Ort entschieden hat: Geld. An Geld fehlt es den Machthabern in Katar nicht.
Die einzig bisherige Lösung, wie bei allen gesellschaftlichen Problemen derzeit: Konsumverzicht und Symbolik.
Zahlreiche Fans prominenter Klubs, zahlreiche aktive oder ehemalige Spieler und Funktionäre und andere Kritiker verweisen auf Verzicht der WM oder das Tragen von Regenbogensymbolen. Ihre Lösung ist eine Art das eigene Gewissen zu beruhigen. Mehr nicht.
Die Vergabe an Katar ist nicht so besonders. Frauenfeindlichkeit, Homophobie, ArbeiterInnenfeindlichkeit, Geschäftsinteressen, Korruption, Ressourcenverschwendung sind wesentliche Bestandteile des Breitensport Fußball in einer kapitalistischen Gesellschaft. Sie hier und heut darüber zu beschweren, zu boykottieren und so zu tun als wäre vor und nach Katar die Fußballwelt eh in Ordnung, ist doch scheinheilig.
Ich werde mir von keinem dahergelaufenen idyllischen Fußballromantiker oder scheinheiligen, bürgerlichen Promi Gewissensbisse bereiten lassen indem ich diese WM verfolge.
Der Boykott wird rein gar nichts nutzen, ebenso keine Binden mit Regenbogen darauf. Der Fußball, der heute auf kapitalistischen Boden stattfindet wird erst sozialer werden, wenn wir auf sozialistischen Boden leben. Der Kampf um eine sozialistische Gesellschaft und die Überwindung der kapitalistischen Ordnung ist die Lösung. Erst dann ist es möglich, dass Menschen in Ruhe leben können.
Gerald Kainz, 20. November 2022