Was der Erfolg beim Kampf um die Optierung mit der Gewerkschaft zu tun hat, wieso auch in Zukunft die Gewerkschaft eine bedeutende Rolle für unsere Arbeitsbedingungen haben wird und weshalb es daher notwendig ist, ein Gewerkschaftsmitglied zu werden, erklärt Martin Gutlederer.
Der Kampf um das Recht auf die Optierung ist gewonnen. Sowohl Stadtregierung als auch Gewerkschaftsführung betonen, dass dies ein Ergebnis sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen war. Dies ist eine bedauerliche Missinterpretation der KollegInnen Meidlinger und Jonak und stellt die Realität auf den Kopf.
Zwei Großdemonstrationen, einige Protestaktionen, zwei Blocks von KrankenpflegerInnen am Rathausplatz am 1. Mai (einer, der die Politik der Gewerkschaftsführung unterstütze, ein größerer, der sich lautstark für die Optierung aussprach), ein Ringen an den Spitälern zur Durchsetzung von Dienststellenversammlungen: Das ist nicht das was man landläufig unter Sozialpartnerschaft versteht, sondern eine kämpferische Gewerkschaftspolitik, die sich mit offenem Visier für die sozialen Anliegen ins Zeug wirft.
Organisiert wurde das selbstständig und selbstkontrolliert von Komitees der AktivistInnen an den Häusern. Und mehr als einmal stießen wir damit nicht nur auf Unverständnis, sondern sogar auf offene Ablehnung durch Gewerkschaftsführung und die Mehrheit in der Personalvertretung. Diese ablehnende Haltung hat uns nicht daran gehindert, immer den Schulterschluss in der Gewerkschaft und der Personalvertretung zu suchen. Deshalb war auch eine aktive Beteiligung bei den Dienststellenausschuss- und Gewerkschaftsausschuss-Wahlen notwendig. Mehr noch: Wäre uns mehr Zeit geblieben hätten wir auch nichts unversucht gelassen, um Teil der Landeskonferenz der Wiener Younion zu werden.
Wenn wir auch eine klar ablehnende Haltung zur Sozialpartnerschaft haben: diese Meinungsverschiedenheit mit der Mehrheit in der Personalvertretung verstellt uns nicht den Blick davor, auf welcher Seite der Auseinandersetzung wir stehen: auf jene der Beschäftigten und damit der Gewerkschaften. In den kommenden Auseinandersetzungen ist es notwendig mit möglichst starken Gewerkschaften der Dienstgeber-Seite entgegenzutreten. Wir brauchen nach wie vor mehr Personal, bessere Arbeitsmaterialen, eine korrekte Umsetzung der Optierung.
Gerade jetzt bricht über das Gesundheitssystem eine Welle der Kritik herein. Tatsächliche Probleme werden von den Bürgerlichen aller Farben zum Anlass genommen, ihre versteckte Agenda der Aushöhlung der öffentlichen Gesundheitsvorsorge voranzutreiben. Gerade an die Stadt Wien wird massiv herangetragen, die manifesten Probleme im Wiener Spitalswesen zu lösen. Dies ist ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man sich an die zwischen Bund und Ländern vertraglich festgelegte Ausgabenobergrenze für den Gesundheitssektor hält. Genau dies tut die SPÖ Wien aber, und sie muss an dieser Quadratur des Kreises politisch scheitern. Entweder eine öffentliche Medizin auf höchstem Niveau für alle – oder das Festhalten an der Ausgabenobergrenze. Beides zusammen geht nicht. Die bürgerliche Kritik am KAV weisen wir daher mit aller Schärfe zurück. Sie ist unehrlich und heuchlerisch. Gerade angesichts der vielen notwendigen Sanierungen im Spitalsbereich braucht der öffentliche Sektor hier mehr Geld. Alles andere heißt Privatisierungen und Verschlechterungen für die Beschäftigten und ein weiteres Vordringen der Zwei-Klassen-Medizin – genau das wollen die Bürgerlichen.
Ebenso hat sich durch das neue Dienstrecht eine weitere Teilung der Belegschaft mit völlig unterschiedlichem Dienst- und Besoldungsrecht ergeben. Mit seinem tätigkeitsbasiertem Besoldungsrecht ergeben sich nämlich weitere Herausforderungen: Wie werden welche Tätigkeiten in Zukunft bewertet? Welche Tätigkeiten werden auf welcher Station anerkannt? Gibt es volle Gehälter im Spezialbereich während Einschulungsphasen oder vor einer etwaigen Sonderausbildung? Diese und weitere Fragen können sich in Zukunft ergeben, wenn vom Dienstgeber versucht wird Kosten beim Personal einzusparen.
Bereits jetzt erhalten einige Stationen diverse Zulagen nicht, obwohl man mit gutem Gewissen argumentieren kann, dass diese ausgezahlt werden müssten wie z.B. auf einer Bettenstation der Gastroenterologie. Hier müssen wir wachsam sein und die besten Bedingungen gemeinsam mit unseren Kolleginnen umsetzen. Diese besten Bedingungen brauchen wir österreichweit. Das heißt wir brauchen einen notwendigen Schulterschluss aller den Gesundheitsbereich organisierenden Teilgewerkschaften. In Oberösterreich ist dies bereits passiert: GÖD, Younion, GPA-djp und vida setzen sich bereits gemeinsam für bessere Bedingungen ein. Das brauchen wir auch in ganz Österreich. Ein wichtiger Schritt dafür wäre die Unterstützung der österreichweiten Kampagne der vida für 20% mehr Personal durch die Younion, die GÖD und die GPA-djp.
Unserer Meinung nach braucht es dafür möglichst starke Gewerkschaften, das heißt Beschäftigte, die überzeugte und aktive Gewerkschaftsmitglieder sind und eine Gewerkschaftspolitik, die auf Streikfähigkeit und Kampfbereitschaft setzt um die Interessen der Belegschaft und der PatientInnen gegenüber der herrschenden Sparpolitik zu verteidigen und Verbesserungen durchzusetzen. Wir verstehen zwar die Bedenken unserer KollegInnen, die nicht Teil der Gewerkschaft werden zu wollen aufgrund der sozialpartnerschaftlichen Politik und der derzeitigen Führung. Aber ebenso wie wir versuchen einen zu wenig durchbluteten Fuß mittels einer Operation zu retten anstatt ihn gleich zu amputieren versuchen wir Mehrheiten für eine alternative Politik der Gewerkschaft zu erarbeiten.
Deshalb rufen wir unsere KollegInnen dazu auf: Tretet ein und mischt gemeinsam mit uns für streikfähige Gewerkschaften und Personalvertretungen mit. Gemeinsam können wir den Grundstein legen für eine andere, für eine kämpferische Gewerkschaft!
Martin Gutlederer ist Personalvertreter im Wilhelminenspital und Mitglied des Hauptausschusses der HG2.
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(Funke Nr. 178/8.11.2019)
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