„Wir sind der beste Standort des Konzerns“ argumentiert Arbeiterbetriebsrat Emler mit Hinweis auf interne Vergleichszahlen des MAN-Konzerns. Darum verkaufte der VW-Konzern seine schönste Tochter ohne weiter zu zögern an seinen strategischen Geschäftspartner Sigi Wolf. Betriebsrat und Gewerkschaft fügen sich, die ArbeiterInnen sind allein.
Der bekannte „Sanierer“ Wolf arbeitet für den russischen Geschäftspartner von VW namens GAZ und ist politisch eng mit der türkisen Familie verbandelt. Für das aktuelle Projekt hat Wolf sich auch den sozialdemokratischen Unternehmensberater Kalina an Bord geholt. In eineinhalb Jahren sollen nun russische Lizenzprodukte vom Band in Steyr laufen. Auch eine zweite, innovative Elektrofahrzeug-Sparte soll, wohl durch staatliche Gelder finanziert, am Standort hochgezogen werden.
„Was sagen Sie jenen, die argumentieren, Siegfried Wolf hilft dem VW-Konzern, ein teures Produktionswerk loszuwerden und später als billigeren Standort wieder zurückzukaufen?“ fragten die OÖN den neuen Eigentümer. Dieser antwortet offen: „Was ist daran verwerflich, wenn es für tausende Mitarbeiter Arbeit gibt?“
Nun, aus Sicht der ArbeiterInnen einiges. Erstmal verlieren nun etwa tausend von ihnen ihre Arbeit. Offiziell redet man von 500, aber Leiharbeiter sind auch Lohnabhängige und Betriebsangehörige. Und die Verbleibenden müssen auf 15% ihres Lohnes und ihren Kündigungsschutz verzichten. Die Aufspaltung des Werkes in Lizenzproduktions- und Innovationsstandort wird die Position der Belegschaft weiter nachhaltig verschlechtern und die Spaltung zwischen Angestellten und Arbeitern zementieren.
Wie geht das nun vonstatten? „Jedem Mitarbeiter wird ein Angebot vorgelegt, wo er auf den Standortvertrag verzichtet. Auch beim Lohnverzicht: Da steht dann, ich verzichte auf 15 Prozent Lohn und den Standortvertrag.“, so Emler zum Magazin „Moment“. Aus der monatelangen Drohgebärde, dass der Standortvertrag mit MAN eine Milliarde € wert sei, und dass man ihn einklagen wird, wird nun die Luft ausgelassen. Jedenfalls könne nur ein Arbeiter klagen, der gekündigt worden sei, und ein solcher Prozess sei dann lang, teuer und der Ausgang ungewiss. In der Stunde der Wahrheit entpuppt sich die „Kampfstrategie“ des Betriebsrats als das, was sie immer war: heiße Luft.
Wir haben nie behauptet, dass der Kampf um das MAN-Werk einfach sei. Es war zunehmend klar, dass MAN, Wolf und die türkise Regierung an einem Strang ziehen. Gleichzeitig haben wir ein großes und überregional bedeutendes Werk mit langer Tradition von innovativer Produktion und Kampferfahrung in der Arbeiterschaft. 62% Prozent der Belegschaft haben im April „Nein!“ zu Wolfs Übernahme gesagt. Ein Arbeitskampf für die Verstaatlichung und die Weiterführung des Werkes unter Kontrolle der hochqualifizierten Belegschaft hätte erfolgreich sein können und jedenfalls ein besseres Ergebnis gebracht, als das jetzt vorliegende. Eine ehrliche Bilanz muss so lauten: alle Kapitalisten haben bekommen was sie wollen; MAN, Wolf und GAZ und v.a. auch die türkise Buberlpartie. Die einen besser Renditen und für die Regierung eine weitere Schwächung der Gewerkschaftsbewegung.
Solche kampflosen Niederlagen schmerzen besonders, denn man kann nicht mal aus ihnen lernen. Außer eines: gewerkschaftliche Arbeit muss heute viel härter und kampfbetonter sein, als jemals zuvor in den letzten Jahrzehnten. Die Aggression der Kapitalisten lässt keine andere Option offen. KollegInnen, egal ob Betriebsrat oder „einfache“ ArbeiterInnen, müssen sich aktiv um die politische Ausrichtung der Arbeiterbewegung einbringen. Eine Solidaritätsarbeit von außen ist bei jedem Arbeitskampf wichtig. Sie muss eine „kritische“ sein, d.h. die Strategie und Kampfmethoden auch zur Debatte stellen – insbesondere solange die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung der Gewerkschaftsspitzen das Erkämpfen selbst von tatsächlichen Kompromissen zwischen Kapital und Arbeit von vorneherein ausschließt.
(Funke Nr. 195/1.7.2021)
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