Über 400* PflegerInnen aus allen Wiener Spitälern versammelten sich heute vor der Zentrale ihrer Gewerkschaft younion und forderten Lohngerechtigkeit. Dieser Besuchstermin bei der eigenen Gewerkschaft wurde auf einer AktivistInnen-Versammlung vor zwei Wochen vereinbart und ist völlig selbstorganisiert passiert. AktivistInnen-Komitees mobilisierten am Montag mit Flugblättern in den Spitälern, aber vieles passiert von Mund zu Mund, sowie über social media.

Die Hauptforderung ist, dass alle Angestellten des KAV die Möglichkeit bekommen in das neue Gehaltsschema, das bisher nur für Neueintretende gilt, optieren können. Viele KollegInnen sehen, dass sie ohne diese Möglichkeit tausende Euro pro Jahr verlieren. So war auch die Stimmung der Versammelten sehr kämpferisch. Die entstandene Lohnungerechtigkeit ist dabei nur der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Pflege leidet unter Unterbesetzung und permanentem Stress.

Nachdem sich im Hauptquartier der younion niemand bemüßigt sah, sich die Anliegen der KollegInnen zumindest anzuhören, besuchten die PflegerInnen ihre Hauptamtlichen im Haus. Vorsitzender Christian Meidlinger kam dann auf die Straße und stellte sich den KollegInnen. Dass er dies in Begleitung eines privaten Sicherheitsdienstes tat, machte die Begegnung nicht unbedingt herzlicher. Doch seine Vorsicht war übertrieben, denn wie eine Gruppe an Pflegerinnen kommentierte mit dem, dem Sektor typischen, praktischen Zugang zum Leben: „Was glaubst, wir schlagen dich zusammen, dich zu pflegen wollen wir uns sicher nicht auch noch antun.“

Konfrontiert mit Fragen aus der Realität machte Kollege Meidlinger keinen guten Eindruck auf die Versammelten. Er gestand ein, dass nicht alles gut verhandelt sei, drückte aber aus, dass er noch nicht daran denkt, seine Taktik gegenüber der Gemeinde Wien zu verändern. Er vertröstete auf Evaluierungsphasen, kommende Lohnerhöhungen im alten Gehaltsschema und Nachverhandlungen. Jedoch ging ihm noch nicht über die Lippen, dass die Optierungsmöglichkeit auf die gewerkschaftliche Forderungsliste gesetzt würde.

Es war, als ob Kollege Meidlinger sich in einer ihm fremden Welt bewegen würde. Er wirkte mehr, als ob er den Arbeitgeber vor seinen KollegInnen vertreten würde, als umgekehrt: mit keinem Wort bedankte er sich für das Engagement der Anwesenden für bessere Arbeitsbedingungen, was in der Theorie das Herzensanliegen eines Gewerkschaftsvorsitzenden ist. Ein Redner, ein Kollege aus dem Wilhelminenspital brachte diesen Umstand auf den Punkt: „Wir stehen hier, wir sind bereit. Organisierts den Kampf mit uns, streiken wir gemeinsam!“ Streik, Streik, Streik wurde dann zu einem geläufig skandierten Slogan der Kundgebung.

Der heutige Tag hat der Bewegung für Lohngerechtigkeit an Wiens Krankenhäusern Mut gemacht. Bisher glaubte viele, dass sie alleine seien, dass man nichts tun könne. Heute machte man die Erfahrung, dass nur eine Glastür zwischen den Kollegen und der Gewerkschaft steht, dass die Gewerkschafts-Oberen von ihren Mitgliedsbeiträgen leben und auch dazu gebracht werden können, Fehler einzugestehen.

Die Basisorganisation bringt's. Nicht allein auf die Stationen zurückgehen, sondern sich stationsübergreifend in Aktivisten-Komitees zusammenschließen! Der Kampf um Lohngerechtigkeit geht weiter, die Forderungen sind gerecht und wir können sie durchsetzen.

* Die Zahl wurde nach einer Zählung von 300 nach oben korrigiert


 

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