Die österreichische Wirtschaft stürzte im Zuge der Corona-Pandemie ab und fiel dabei auch im Vergleich zu anderen EU-Ländern weit zurück. Ursachen für diese Entwicklung werden analysiert von Norbert Stern.
Das Scheitern des Corona-Managements der türkis-grünen Regierung lässt sich auch von den eingefleischtesten Kurz-Fans nicht mehr leugnen. Zusätzlich zur Gesundheitskrise befindet sich Österreich nun aber auch in einem wirtschaftlichen Absturz.
Die österreichische Wirtschaftsleistung schrumpfte im 4. Quartal 2020 um 7,8% im Vergleich zum Vorjahreswert. Der Rückgang der deutschen Wirtschaft fiel im selben Zeitraum mit 3,9% wesentlich geringer aus. Ein Blick auf die Arbeitslosenzahlen zeichnet ein ähnlich düsteres Bild. Zum Jahresende 2020 belief sich die Arbeitslosenquote Österreichs auf 11% – Personen in Schulung oder Kurzarbeit nicht mitgerechnet. Dies entspricht einem Anstieg von 31% im Vergleich zu 2019.
Auch in diesem Gebiet steht die deutsche Volkswirtschaft wesentlich besser da. Hier betrug die Arbeitslosenquote mit 5,9% nur fast die Hälfte. An dieser Stelle soll noch einmal daran erinnert werden, dass Bundeskanzler Kurz noch im Mai behauptet hat, dass Österreich wirtschaftlich besser dastehe als die meisten betroffenen Länder, weil die Bundesregierung schnell und entschlossen gehandelt habe. Die Halbwertszeit populistischer Täuschungen hat sich im Zuge der Krise dramatisch verkürzt!
Tourismus und Industrie negativ
Ausgehend von der schlechten ökonomischen Bilanz stellt sich einerseits die Frage nach den Ursachen für diesen Absturz und andererseits, ob die österreichische Volkswirtschaft nachhaltig im internationalen Vergleich (hier insbesondere zu Deutschland) zurückgefallen ist, denn in der Vergangenheit haben sich die VertreterInnen des österreichischen Kapitals immer gerühmt, zu den wirtschaftlich starken europäischen Kernländern zu zählen und nicht zu den Ländern der Peripherie (z.B. Italien, Spanien, etc.).
Als wesentlicher Faktor für die schlechte wirtschaftliche Entwicklung ist das Corona-bedingte Ausbleiben der ausländischen TouristenInnen anzuführen. Bei der Abhängigkeit vom Tourismus, gemessen an der Zahl der Nächtigungen ausländischer Touristen pro Einwohner, liegt Österreich EU-weit gesehen an vierter Stelle – noch vor Griechenland, Spanien und Italien. 2018 wurden in Österreich fast doppelt so viele Nächtigungen ausländischer Touristen (pro Einwohner) verbucht, wie in Italien. Nur Kroatien, Malta und Zypern sind in dieser Hinsicht noch abhängiger vom Tourismus. Es ist daher nicht überraschend, dass sich die Arbeitslosenquote im Tourismus-Sektor mehr als verdoppelt hat (+114%).
Auch weitere Wirtschaftsbereiche haben im vergangenen Jahr stark gelitten, wie zum Beispiel der Dienstleistungssektor (Friseure etc.) oder der Kunst- und Kulturbereich. Dies ist auf den verhältnismäßig langen aber gleichzeitig ineffizienten Lockdown zurückzuführen.
Aber auch für die Industrie dürfte es schon mal bessere Zeiten gegeben haben. Im vergangenen Jahr kam es zu einigen Betriebsschließungen bzw. massivem Stellenabbau (wir haben berichtet: MAN, ATB, Swarovski). Die Zahlen für den gesamten Sektor sind allerdings noch etwas widersprüchlich. Für das Gesamtjahr 2020 betrachtet war die österreichische Industrieproduktion um 5,8% rückläufig und damit etwas besser als die Deutsche (-10,8%).
Auffällig ist jedoch, dass es nach einer Erholung der heimischen Industrieproduktion seit Sommer 2020, im Dezember zu einem erneuten Einbruch gekommen ist (-5,4% im Vergleich zum Dezember 2019). Diese Entwicklung deckt sich mit einer Umfrage der Europäischen Kommission bei Managern europäischer Industrie-Unternehmen. Hier wird unter anderem nach der aktuellen Auftragslage gefragt. Der für Österreich gemeldete Score liegt Ende 2020 bei 3 und somit schlechter als der Wert für Deutschland (Score: 32) – hohe Werte sind gleichzusetzen mit einer guten Auftragslage. Diese Entwicklung ist beachtlich da noch zum Jahresende 2018 der Wert für Österreich um 23 Punkte über dem deutschen lag.
Es ist aber noch zu früh, um festzustellen, ob es sich hier um übliche konjunkturelle Schwankungen, oder um einen langfristigen Trend handelt.
Steuergeld fürs Kapital
Bei Betrachtung des wirtschaftlichen Desasters darf allerdings nicht vergessen werden, dass die türkis-grüne Regierung den Unternehmen fast unbegrenzt Steuergeld zur Verfügung stellt, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern und „die Wirtschaft zu retten“ (d.h. die Profite der Unternehmen mit Geld der Arbeiterklasse sicherzustellen).
Die Staatsverschuldung ist demnach im vergangenen Jahr um 37 Mrd. EUR bzw. von 70,5% auf 84,0% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) angestiegen. Dieses Subventionsprogramm hat einer Studie der KMU Forschung Austria zufolge bewirkt, dass der Anteil der Unternehmen, die sich in der Verlustzone befinden, von 20% auf nur 27% anstatt auf bis 50% gestiegen ist.
Es ist dabei noch nicht lange her, dass Forderungen nach einer Bildungs-Milliarde oder einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes als utopisch und absolut unfinanzierbar abgeschmettert wurden. Tatsächlich scheinen die Bürgerlichen beim Staatshaushalt mit zweierlei Maß zu messen. In der Finanzkrise 2008, als es darum ging, die „Finanzmarkstabilität zu sichern“ (d.h. die Profite der Banken), gab es auch keine Grenzen beim Staatshaushalt. Allein im Jahr 2009 stieg die Staatsverschuldung um knapp 30 Mrd. EUR (von 68,7% auf 79,9% in Prozent des BIPs). Für die Interessen des Kapitals fließen die Milliarden, während für die Arbeiterklasse das Geld fehlt!
Wie es mit der Wirtschaftskrise weitergeht, wie groß die erwarteten Nachholeffekte ausfallen werden und ob die österreichischen KapitalistInnen ihre Position am Weltmarkt wieder verbessern können, kann zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilt werden. Viel wird hier von der Entwicklung der Corona-Pandemie abhängen. Fest steht allerdings, dass eine Rückkehr zu den Prä-Corona-Wachstumsraten ausgeschlossen ist, solange sich der internationale Tourismus nicht erholt hat.
Keine Entspannung für Lohnabhängige
Für die Arbeiterklasse sind diese Fragen allerdings von zweitrangiger Bedeutung. Denn egal wie sich die Krise weiterentwickelt, werden die Bürgerlichen versuchen, die Profite der Unternehmer sowie den Staatshaushalt auf Kosten der Lohnabhängigen zu sanieren.
Die Anfänge konnten beispielsweise schon bei der Doppelbelastung der Eltern (Home-Office plus Kinderbetreuung) sowie bei den LehrerInnen (Präsenz- plus Fernunterricht) beobachtet werden. Wegweisend ist hier die Feststellung der Industriellenvereinigung, dass es möglich ist, mit der Hälfte der Belegschaft 84% der Wirtschaftsleistung zu erzielen und sich über die gigantischen „Rationalisierungseffekte“ freut, welche durch die Corona-Pandemie aufgezeigt wurden.
Ob es sich bei den kommenden Angriffen auf den Lebensstandard der Arbeiterklasse um Großangriffe wie bei der Pensionsreform 2003 handelt, oder ob die Verschlechterungen nach der Salami-Taktik umgesetzt werden, wird sich zeigen.
Die Arbeiterklasse muss aber schon jetzt beginnen, sich auf diese Kämpfe politisch und organisatorisch vorzubereiten.
(Funke Nr. 192/17.3.2021)