Heute wurde die Arbeitszeitflexibilisierung per Handstreich im Nationalrat beschlossen und soll schon am 1. September in Kraft treten. Jetzt ist es Zeit für die Arbeiterbewegung, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen und den Kampf mit voller Kraft aufzunehmen. Ein Statement der Funke-Redaktion.


Mit dem heutigen Tag kann es über die Ziele, aber auch über die Methoden der Bundesregierung Kurz keine Unklarheit mehr geben. Diese Räuberbande aus Bürgersöhnchen und –töchterlein scheut sich nicht davor, die über Jahrzehnte gepflegten parlamentarischen Konventionen der 2. Republik aus dem Fenster zu werfen, um in der Art eines Überfallskommandos 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche durchzuboxen. Zuerst wurde das Gesetz in Umgehung der normalen, längeren Begutachtungsfristen als Initiativantrag durch zwei Hinterbänkler der Regierungsparteien eingebracht, um noch vor dem Sommer beschlossen werden zu können.


Die Abgeordneten der Oppositionsparteien im Parlament, allen voran der SPÖ, kritisierten diese Art der Beschlussfassung der Regierungsparteien scharf. Doch die Kritik greift mit der Beschwörung einer „normalen sozialpartnerschaftlichen“ Vorgehensweise nicht nur viel zu kurz, sondern schwächt den Widerstand gegen die Regierung und ihre Maßnahmen direkt.

Sozialpartnerschaft über alles?

So wiederholte der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch in der Parlamentsdebatte am Mittag, dass er mehrmals das Angebot gemacht hatte, in einer normalen Begutachtungsfrist über den Sommer hätte man sich auf sozialpartnerschaftlichem Weg auf ein Gesetz mit Flexibilisierungen einigen können. Auch viele andere Abgeordnete der SPÖ, allen voran der Präsident des Gewerkschaftsbundes Wolfgang Katzian, appellierten in ihre Reden an die Regierungsparteien: „Bitte machen sie aus diesem tollen Land nicht ein Land der permanenten Auseinandersetzung, bitte stellen sie die Sozialpartnerschaft nicht in Frage“.


Die Appelle liefen erwartungsgemäß völlig ins Leere. Das Gesetz wurde im Eilverfahren mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS angenommen. Sie sind der Nachhall einer Strategie, die beim Kampf gegen das Gesetz zum 12-Stunden Tag ihre völlige Unbrauchbarkeit bewiesen hat: Die Sozialpartnerschaft, bei der alle gewinnen, ist ein Mythos. Schon seit langer Zeit ist die Zusammenarbeit von Kapital und Arbeitervertreter darauf reduziert worden, dass die Gewerkschaftsspitze und die Sozialdemokratie unter dem Preis mitreden dürfen, Verschlechterungen als „geringeres Übel“ selbst mitzutragen, damit die Arbeiterschaft zu demoralisieren und an ihrer eigenen Basis zu sägen.


Mit dieser Regierung ist aber ein neues Kapitel aufgeschlagen worden: Diese „Regierung der Industriebosse“, wie sie der ÖGB selbst richtig charakterisiert, ist angetreten das Leben der Arbeiterklasse in Österreich nach dem Vorbild der massiven Sparprogrammen und Lohnkürzungen in anderen Ländern Europas nachhaltig zu zerstören. Das ist aus Sicht des österreichischen Kapitals eine zentrale Frage, um bei der sich abzeichnenden nächsten Krise nicht in den Turbulenzen des Kapitalismus gewaltig ins Schwimmen zu kommen. Damit das möglich ist, müssen die Organisationen der Arbeiterbewegung aber nachhaltig geschwächt werden.


Die FPÖ, deren ParlamentarierInnen viel schlechter als andere die Kunst des Schweigens im Sinne des Kapitals gelernt haben, spricht das auch offen aus. Johann Gudenus, seines Zeichens Klubobmann der FPÖ, erklärte so, dass ein wesentlicher Teil der Arbeitszeitflexibilisierung die Entmachtung der Betriebsräte sei. Damit spricht er doch aus, worum es letztendlich geht.


Es muss daher nun auch dem Letzten und der Letzten klar geworden sein, warum die Regierung genau auf diese Art und Weise handelt, warum sie „drüberfährt“, warum sie versucht die ÖGB-Spitze in jeder Handlung zu blamieren: Es geht nicht nur um die Arbeitszeitflexibilisierung an sich. Es geht jetzt und heute darum, der Arbeiterbewegung eine krachende Niederlage beizubringen, um daraufhin einen umfassenden Generalangriff auf die Arbeiterrechte beginnen zu können. Wir müssen uns bewusst sein: Der 12-Stunden Tag ist erst der Anfang!


So ist auch zu erklären, wie und warum Kurz die Strategie der ÖGB-Spitze und der SPÖ ein weiteres Mal mit einem Tiefschlag beantwortete. Die Träumereien, das Gesetz doch noch auf parlamentarischer Ebene in den „normalen Bahnen der bürgerlichen Demokratie“ aufzuhalten, die noch auf der Großdemonstration am letzten Samstag präsentiert wurden, sind endgültig zerfetzt worden. Danach wurde die Regierung dazu aufgerufen, das Gesetz einer Volksabstimmung zu unterziehen, und sollte das nicht passieren, wurde mit einem Volksbegehren im Herbst kolportiert, das das Gesetz vor dem in Kraft treten doch noch verhindern sollte. Doch statt erst am 1. Jänner, tritt das Gesetz jetzt aber schon am 1. September in Kraft. Auch der Antrag zur Durchführung einer Volksabstimmung über das Gesetz wurde abgeschmettert.


Ersteres ist vielleicht nützlich dafür, die Regierung dabei zu entlarven, dass ihr Bekenntnis zur „direkten Demokratie“ nichts anderes ist als ein Lippenbekenntnis. Doch das kann nur ein Nebenschauplatz des Kampfes sein. Ein Volksbegehren als Strategie zur Verteidigung unserer Rechte ist sie schlimmer als wertlos – sie lenkt davon ab, um was es eigentlich geht, gerade wenn das Gesetz schon in Kraft getreten ist. Denn eines ist in den letzten Tagen deutlich geworden: Diese Regierung macht ernst – jedes Klammern an die Sozialpartnerschaft ist nichts anderes als eine Einladung zu mehr Aggressionen.

Ein realistischer Kampfplan!

Es ist daher heute klargeworden, dass alles andere als ein Kampf der dem Kapital richtig wehtut, Symbolpolitik ist. Wolfgang Katzian hat heute im Parlament richtigerweise erklärt, dass man nach der parlamentarischen Ebene das „Scheinwerferlicht auf die Besteller richten“ müsse – das heißt die Industriebosse, das Kapital. Doch es ist genug Zeit damit verstrichen, über vage Andeutungen Politik zu machen. Es muss jetzt endlich klar ausgesprochen werden, was nötig ist: Streik!


Was es braucht, ist ein klarer Kampfplan, der nicht vor der Regierung halt macht und den Kampf um einen Platz am Verhandlungstisch sucht, sondern die Eskalation bis zum Sieg zum Ziel hat. Die letzte realistische Chance, dieses Gesetz noch aufzuhalten, findet sich bis zum 1. September, wenn es in Kraft tritt. Daher muss unsere Kampfstrategie sich auf diesen Tag fokussieren. Bis dahin muss die Kampagne über die Auswirkungen dieses Gesetzes in den Betrieben nicht nur weitergehen, sondern verstärkt werden. Das Ziel sollte daher sein, in JEDEM Betrieb eine Betriebsversammlung abzuhalten. Wo Betriebsräte wegen ihrem „guten Verhältnis zum Chef“ nicht bereit sind, diese zu organisieren, müssen die Gewerkschaftsbewegung als Ganzes und die dort beschäftigten ArbeiterInnen selbst aktiv werden. In so einer Situation sind Betriebsräte, deren Beziehung zum Unternehmer ihnen wichtiger ist, eine Bremse. Wenn ein Arbeitervertreter nicht im Interesse der ArbeiterInnen handelt, können diese ihn austauschen.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat es schon 2000 Betriebsversammlungen gegeben. Doch auf diesen ist lediglich eine allgemeine Resolution zur Ablehnung des Gesetzes zum 12-Stunden Tag mit der Andeutung, dass auf „betrieblicher Ebene“ Maßnahmen ergriffen werden könnten vom ÖGB vorgelegt worden. Was es aber jetzt braucht, ist ein konkreter Kampfplan, der in allen Betrieben den ArbeiterInnen ein Werkzeug in die Hand gibt, was sie als nächstes tun können. Wir denken, dass das nur die Vorbereitung zum Streik in ALLEN Betrieben sein kann. Ein Kampfslogan, der aus unserer Sicht genau das ausdrücken würde ist: „Mit 12-Stunden Tag keine Arbeit“. Über den Sommer gäbe es viel Zeit der Vorbereitung, um ab dem 1. September österreichweit und flächendeckend einen Generalstreik zu organisieren! Daher ist JETZT die Zeit, und auch die letzte Chance den 12-Stunden Tag zu verhindern: alles zweideutige muss aus der Argumentation herausgenommen werden und die gesamte Klasse ohne angezogene Handbremse mit einem Blick auf einen verhandelten Kompromiss mobilisiert werden!


Ausbeuterregierung stürzen, Sozialismus erkämpfen


Daher ist auch das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der SPÖ Steiermark im steirischen Landtag besonders schädlich. Diese hatten ohne Ausnahme, um die Große Koalition der Landesregierung nicht zu gefährden, einem Entschließungsantrag der KPÖ gegen den 12-Stunden-Tag zusammen mit den Abgeordneten der FPÖ und der ÖVP nicht zugestimmt, mit dem Argument, er „würde eh nicht durchgehen“. Das zeigt die politische Sackgasse, in der die SPÖ in ihrer ganzen Strategie immer noch steckt, exemplarisch auf. Solange es auch nur den Rest einer Beteiligung am Kuchen des Staatsapparates zu verteidigen gibt, sind ihre VertreterInnen bereit, die soziale Frage sogar in dieser Situation dem unterzuordnen!


Eine der größten Bremsen im bisherigen Kampf ist daher, dass die Arbeiterbewegung keine klare Alternative zum jetzigen Status Quo präsentieren kann. Viele erinnern sich gut an die Große Koalition, in der Verschlechterungen diskutiert und umgesetzt wurden. Der Kanzler, der in seinem Plan A dafür argumentierte, es brauche eine Arbeitszeitflexibilisierung, muss sich jetzt als Oppositionsführer dafür rechtfertigen, in welchem Rahmen ein Rückschritt bei den Arbeitszeiten für ihn in Ordnung gewesen wäre. Es braucht einen vollständigen Bruch mit diesem schädlichen Schutt der Vergangenheit, der Logik des geringeren Übels, und all jenen die sich daran klammern.


Was stattdessen nötig ist, ist eine sozialistische, klassenkämpferische Ausrichtung der gesamten Arbeiterbewegung ohne Wenn und Aber. In der heutigen Diskussion sagte der Abgeordnete Lugar von der FPÖ: „Die sozialistische Ideologie, das hat sich überlebt“. Niemand hat ihm im Parlament dabei widersprochen. Wir tun das schon. Nicht die sozialistische Ideologie hat sich überlebt, sondern der Kapitalismus, dieses grausame System der Ausbeutung. Wir stimmen daher mit dem Kollegen Köstinger überein, der als Vorsitzender der Gewerkschaft GPF auf der Großdemonstration am letzten Samstag für den Sturz der Regierung argumentierte. Das ist richtig und notwendig. Doch im Laufe dieses Kampfes müssen wir die Grundlage dafür legen, dass nicht eine weitere Regierung des „kleineren Übels“ an seine Stelle gesetzt wird, sondern ein vollständiger Bruch mit dem Kapitalismus geschaffen wird.


Wir werden über den Sommer und darüber hinaus als revolutionäre Strömung in der Arbeiterbewegung entschlossen für dieses Ziel kämpfen. Schließ dich uns in diesem Kampf an!


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